Tad Williams
Otherland - Fluss aus blauem Feuer (Otherland #2)
SF. Klett Cotta, Stuttgart. ISBN: 3-608-93422-7
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Tad Williams setzt seinen 1998 mit "Stadt der goldenen Schatten" begonnenen vierbändigen Otherland-Zyklus mit einem ebenso umfangreichen Werk namens "Fluß aus blauem Feuer" fort. In den nächsten beiden Jahren sollen folgen: "Berg aus schwarzem Glas" (Bd. 3) und "Meer des silbernen Licht" (Band 4).
Handlung
Die mehrsträngige Handlung wird ebenso breit angelegt fortgesetzt, wie man das aus dem ersten Band kennt. Die Abenteurer sind weiterhin in der gefährlichen virtuellen Welt Otherland gefangen und treffen laufend auf neue Landschaften. Unerkannt befindet sich unter ihnen der Serienkiller mit dem passenden Namen Dread. Er will die die Meister seiner Grals-Bruderschaft stürzen und sucht zu diesem Zweck Informationen. Paul Jonas gewinnt zunehmend mehr von seinem verlorenen Gedächtnis zurück. Er fühlt sich auf der Reise der Gruppe auf Otherlands zentralem Fluß von zwei unheimlichen Wesen verfolgt. Die Landschaften wechseln von der frühzeitlichen Eiszeit bis hin zu Oz-ähnlichen Landen. Wie weiland im "Herrn die Ringe" werden die Gefährten voneinander getrennt, wodurch sich die Komplexität der Handlung noch um ein paar Grade erhöht.
Immerhin verdichten sich die Informationen, die man als Leser über die Grals-Bruderschaft erhält, und aus den bislang anonymen "bad guys" schälen sich einzelne Personen und deren Motive heraus. Weiterhin bleiben aber eine Menge Fragen offen, etwa jene nach der Identität und Eigenart der schwarzen Pyramide (die wohl der "Berg aus schwarzem Glas" des 3. Bandes ist).
Fazit
Es bestehen keine Zweifel hinsichtlich der literarischen Qualität von Williams' erzählerischen Fähigkeiten: Sein Stil ist lyrisch bis humorvoll, seine Charaktere äußerst detailliert wiedergegeben und entwickelt. Nur der Plot könnte noch ein wenig straffer gehandhabt werden. So aber kommt nach einer Weile der Eindruck auf, als ob die virtuellen Landschaften, mit denen sich die Gruppe auseinandersetzen muß, beliebig sind - man weiß zudem schon im voraus, daß die Leute gerettet werden, natürlich nur in letzter Sekunde. Dieses Muster wird zu sehr strapaziert. Und der Plot hat eine gefährliche Ähnlichkeit mit den auch nicht so realen Welten in Stephen Kings Zyklus um den Dunklen Turm.
Immerhin stellt Williams in der Verkleidung seiner Geschichte ein paar ernste Fragen, u.a. "Was sind die ethischen Überlegungen einer Künstlichen Intelligenz?", "Was ist Wahrnehmung?", "Was ist das Wesen von Gut und Böse in einer virtuellen Welt?", "Was ist hier ein Leben wert?" Und so schnell, wie sich die Computertechnologie und das Internet Richtung Cyberspace entwickeln, erscheinen die Fragen durchaus relevant. Philip K. Dick hat sie zum Teil bereits gestellt (vgl. Total Recall und Bladerunner). Insofern geht Williams in den Gefilden des Existentialismus weiter als Dick und in Sachen Cyberspace weiter als Gibson. Schon jetzt läßt sich daher sagen, daß der Otherland-Zyklus - der Autor empfiehlt, ihn als vier Teile eines einzigen Buches zu lesen - ein bedeutendes Werk des Science Fiction-Genres ist. Man muß ja nicht gleich einen Klassiker daraus machen, wie das bereits manche Leser vorhersagen.
Michael Matzer / michael@matzer.de © 1999ff
Info: River of Blue Fire, 1998; Klett-Cotta, Stuttgart, 1999; 780 Seiten, aus dem US-Englischen von Hans-Ulrich Möhring
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