Howard Waldrop
Ihre Gebeine
SF. Heyne, München. 236 Seiten. ISBN: 3-453-10933-3
Des Zeit-Soldaten Heldentat
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Howard Waldrop ist einer jener originellen SF-Erzähler, die oft lange aus dem Blick, aber nicht aus der Erinnerung verschwunden sind, so daß man sie gerne wiedersieht, wenn sie mal wieder veröffentlicht werden. Mit preisgekönten Stories wie "Die häßlichen Hühner" wußte er mit ausgefallenen Ideen, Schauplätzen und Pointen einen starken Eindruck zu hinterlassen.
Handlung
Waldrops bevorzugter Schauplatz liegt im Mississippi-Delta, zwischen Sümpfen und Bayous, wo merkwürdige Käuze als Einsiedler leben - und praktisch alles möglich ist. Hierhin verschlägt es den durch eine Zeitmaschine des 21. Jahrhunderts geschickten Soldaten Madison Yazoo Leake. Natürlich sucht er den Rest seiner Einheit, eine Schwadron von 150 Männern und Frauen, doch sie bleiben verschwunden. Statt dessen stößt er auf Griechisch sprechende Indianer, die in Hütten zwischen zwei pyramidenförmigen Hügeln leben, Pfeifen schnitzen und Tabak anbauen. Das war nicht geplant.
In den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts stoßen Archäologen auf Pferdeschädel, die von Messingkugeln durchschlagen wurden - in einer Schicht, die aus dem 13. oder 15. Jahrhundert stammt - als es weit und breit noch keinen einzigen Spanier gegeben hatte. Die darauffolgende fieberhafte Suche nach weiteren rätselhaften Funden ist nicht geplant.
Die durch die Zeit geschickte Schwadron Leakes soll die Vergangenheit ändern, um das nahende Ende der Welt abzuwenden. Unteroffizierin Smith hält das tragische Schicksal der Schwadron schriftlich fest, verschließt das Tagebuch in einer Kiste und vergräbt sie. Trotz ihrer Verteidigungsstellung und ihrer überlegenen Waffen wird die Schwadron von den Indianern aufgerieben - nachdem sie Krankheiten verbreitet hatten, waren die Eindringlinge dafür verantwortlich gemacht und verfolgt worden. Die Verständigung schlägt fehl: Die modernen Kriegstechniker, die die Welt retten sollten, können nicht einmal sich selbst retten.
Fazit
"Ihre Gebeine" ist die kauzige, humorvolle, aber auch traurige Geschichte von gescheiterten Plänen und der Einsicht, daß manchmal nur verrückte Taten in einer verrückten Welt von dauerhafter Wirkung sein können: Es lebe die Chaostheorie. Madison Leake zum Beispiel macht sich alleine, mit seinem Pferd, seinem Gewehr, drei Granaten und der Maske des Spechtgottes auf, um seine entführten Stammesgenossen aus der Gefangenschaft der Azteken zu befreien. Der Azteken sind ja nur ein paar Tausend. In einem Akt von Heldentum gelingt ihm sein Vorhaben, wenn auch um den Preis des Lebens seines Freundes, des Abbrennens des halben Mississippideltas und des Verschwindens der Götter. Wenn schon! Zur guter Letzt schließt er das Zeittor in die Zukunft: Jede Zeit hat ihre eigenen Probleme - soll die Zukunft ihre eigenen behalten. Und Leake gelingt es, mit seinem Stamm zu überleben - bis er in einem rätselhaften Hügel mitsamt Pferd und Gewehr in der gleichen Erde begraben wird, in der fast 150 Soldaten und eine Kiste ruhen, für eine lange Zeit.
Selten einmal gelingt es einem Autor, in einer so wortkarg erzählten Story zahlreiche Bedeutungsschichten wirkungsvoll miteinander zu verflechten: Waldrop scheint es mit seinem trockenen Humor mühelos zu gelingen. Der Leser hat sein Vergnügen daran und lernt unmerklich noch ein wenig über die conditio humana.
Michael Matzer (c)1997ff
Info: Them bones, 1984; Nr. 06/5494, 236 Seiten, aus dem US-Englischen übersetzt von Margret Krätzig
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