Friedel Wahren (Hg.)

Asimovs SF 54. Folge

SF. Heyne, München. ISBN: 3-453-16195-5

Friedel  Wahren (Hg.): Asimovs SF 54. Folge

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Widerlegung Jesu

Die aktuelle Auswahl umfaßt zwei hochkarätige Preisträger: Sterlings "Taklamakan" und Egans "Oceanic". Muß man kennen!

Die Stories

Die mehrfach ausgezeichnete Preisträgerin Nancy Kress eröffnet den Geschichtenreigen mit ihrer humorvoll-kritischen Erzählung "Ein Dampfschiffsoldat an der Informationsfront". Allan ist ein sogenannter Scout für Risikokapitalinvestoren. Er jettet von Firma zu Firma, falls die irgendetwas Neues entwickelt haben, in das man investieren könnte. Doch ebenso wie die lernenden intelligenten Roboter im Labor verfällt auch seine Sohn Charlie in geradezu unanständige, weil unproduktive Reglosigkeit. Sie haben den Sprung von der Frage "Wie tun wir etwas am effizientesten?" zum "Warum tun wir das überhaupt, was wir so gut können?" vollzogen. Allmählich dämmert's auch Allan. Aber er zieht den falschen Schluß.

Connie Willis unterhält den literarisch geschulten Leser mit einer völlig verrückten Idee: Der von H.G. Wells erfundene "Krieg der Welten" fand wirklich statt, meint der Autor dieses Abstracts einer Doktorarbeit. Und die Marsianer landeten offensichtlich nicht nur in England, sondern auch in Massachusetts, den die halbverrückte Dichterin Emily Dickinson erwähnt diese "Dämonen" ausdrücklich in zwei posthum gefundenen Gedichten.- Willis nimmt erst den Dickinson-Kult bzw. Pseudowissenschaft auf die Schippe, dann auch den gesamten Betrieb der Literaturwissenschaft. Die Fußnoten mit frei erfundenen Quellen ("N. compos mentis"!) sind eine wahre Delikatesse.

"Taklamakan" von Ex-Cyberpunk-Guru Bruce Sterling ist seiner Collection "A Good Old Fashioned Future" entnommen, die Heyne offenbar peu à peu komplett veröffentlicht. "Maneki Neko" und "Bicycle Repairman" sind bereits auf deutsch erschienen.

Taklaman erhielt 1999 den HUGO Award.

Um 2040 herum haben sich die drei Wirtschaftsblöcke Europa, NAFTA (Nordamerika) und die asiatische "Sphäre" gebildet. Der Rest gehört zum "Süden" und wird unter den drei Blöcken aufgeteilt. China, auf dessen historischem Boden die Wüste Taklamakan, der Schauplatz der Story, liegt, ist nicht mehr kommunistisch. Aber die Roten haben hier ein Erbstück hinterlassen, hier, wo sie ihre Atombombentests durchzuführen pflegten...

Spider Pete kommt auch aus Chattanooga. Er kennt Lyle, den Fahrradmechaniker gut. Pete mag ein wenig verrückt sein, aber er ist auch Geheimagent für Washington, D.C. Genau wier seine jüngere Kollegin Katrinko. Das heißt, sie ist geschlechtslos, weil sie sich die entsprechenden Organe hat entfernen lassen. Nun stoßen die beiden mehrere Kuppeln hinter einer hohen Mauer. Mit ihrer Spezialkletterausrüstung überwinden sie die Mauer, finden drei schon lange tote Asiaten und dringen in eine der Kuppeln ein. Tief im Untergrund stoßen sie auf drei Raumschiffe und zahllose biomechanische Roboter, die sie angreifen: ein gesellschaftliches Experiment der Kommunisten, bewacht von Robotern. Denn in zweien der drei Schiffe finden Pete und Trink intakte Gesellschaften vor: Bauern im einen, städtische Händler im zweiten. Das dritte ist unheimlich still. Da beschließen Pete und Trink, die Städter rauszulassen... - Die Handlung und das Ausmaß der Implikationen der Erkenntnisse eskaliert in rasender Geschwindigkeit. Am Schluß ist die Erbschaft der Vergangenheit, der Ausbruch der Roboter nicht mehr aufzuhalten.

Der relativ unbekannte David Marusek nimmt sich in seinem fiktionalen Brief an IASFM-Herausgeber Dozois Gardner, der den Titel "Yurek Rutz, Yurek Rutz, Yurek Rutz" trägt, des Themas Unsterblichkeit bzw. unsterblicher Ruhm an. Er sollte, so erzählt er, den Spruch für den Grabstein jenes Yurek Rutz verfassen, um den Namen in die Erinnerung der Nachwelt zu bringen. Nur stößt er dabei auf einige Schwierigkeiten.

Terry Bisson ist bekannt für einfallsreiche, zuweilen abgefahrene Stories. "Der Hochzeitstermin" macht da keine Ausnahme! Irving ist eigentlich mit seiner Verlobten nach New York City gekommen, um in seiner alten Heimat Brooklyn die Hochzeitsnacht zu feiern – vor der Hochzeit, die in Alabama stattfinden soll, Candys Heimat. Beim Stadtbummel wird er jedoch an öffentlichen Telefonen, auf Hadys von Fremden, in Restaurants angerufen: Sein Trauzeuge, der alte Kumpel William Wu, würde sich verspäten, wenn er nicht ein Problem mit der Berechnung der Orkane gelöst bekomme. Wie sich herausstellt, sitzt die Ursache des Problems in Irvings Baumhaus aus seiner Kindheit: ein 1957er-Fernseher, der ein Zeitloch und ein Paralleluniversum erzeugt! – Liebevoll porträtiert Bisson die Einwanderer, die verrückten Erfinder und New York überhaupt. Die verrückten Einfälle lassen den Leser wie einen vergnügt grinsenden Idioten aussehen – also, bitte alleine lesen!

Greg Egan legte 1998 mit der Novelle "Ozeanisch" eine Vision eines vor Urzeiten von Menschen kolonisierten Wasserplaneten vor, auf dem die nunmehr als "Engel" angesehenen Ankömmlinge für eine blühende Kultur von Religionen gesorgt hatten. Insbesondere eine Frau namens Beatrice wurde zur Jesus-Figur. Gott ist weiblich, und die Menschen sind eine Art Hermaphroditen. Martin empfängt als Junge den Glauben an Beatrice, doch nach etlichen Jahren in der wissenschaftlichen Forschung erkennt er, daß diese Glückserfahrung nur durch einheimische Mikroben hervorgerufen worden war. Sein Glaube wird zu Zweifel, Sicherheit zu Verzweiflung; am Ende herrscht scheinbar nur Sinnlosigkeit. "Ozeanisch" ist eine Parabel auf die Entwicklung der Menschheit in 80 Seiten – keine schlechte Leistung.

Die IASFM-Ausgaben von Heyne enthalten stets auch eine Originalstory von einem deutschsprachigen Schriftsteller. Die Münchner Autorin Monika Angerhuber liefert diesmal mit der Erzählung "Mottenflügel – ein japanisches Gespenstermärchen" eine außergewöhnlich stimmungsvolle Geistergeschichte, die auch sprachlich zu beeindrucken weiß. Zu Zeiten der Shogune muß Lady Akihimes Gatte Nobutsune in den Krieg. Entgegen seinem Versprechen kehrt er nie zurück, sondern wird, wie sein Fürst ihr sagt, für tot gehalten. Als der skrupellose Fürst Lady Akihime für sich beansprucht, wählt sie den Freitod. Viele Jahre später hat der Mönch, der einst Nobutsune hieß, in seinem alten Haus eine unheimliche und für ihn fatale Begegnung.

Fazit

Eine außerordentliche attraktive Sammlung von Stories - zum Jubelpreis von 10 Mark (Heyne SF & Fantasy wird 40).

Michael Matzer / michael@matzer.de © 2000ff

Info: 1996-99; 316 Seiten, aus dem US-Englischen übertragen von diversen Übersetzern






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