Friedel Wahren (Hg.)

Asimov's Science Fiction 52. Folge

SF. Heyne, München. ISBN: 3-453-14982-3

Friedel  Wahren (Hg.): Asimov's Science Fiction 52. Folge

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Von Kindern und Künstlern

Neun angloamerikanischen Erzählungen hat die Herausgeberin eine von einem deutschen Autor beigefügt - Tradition in der deutschen Ausgabe von Asimov's Science Fiction Magazin.

In Stephen Dedmans Story "Transit" ist die Welt, wie wir sie kennen, auf den Kopf gestellt: Die Hermaphroditen (die "Mafs") sind die "Normalen", und als ein "Monosex"-Mädchen in die Schulklasse aufgenommen wird, geht einiges drunter und drüber, vor allem in Sachen Hormone des Ich-Erzählers. Daß das Mädchen, Aisha, auch noch von einer streng muslimischen Welt stammt, macht die sexuellen Angelegenheiten auch nicht gerade leichter. Der Ich-Erzähler, der Aisha liebt, muß sich zwischen einer ungewissen Zukunft mit Aisha und einer Gegenwart mit seiner Maf-Geliebten entscheiden.

Auch Michael Swanwicks Erzählung "Der Puls der Maschine" schildert einen Übergang. Zwei Wissenschaftlerinnen haben auf dem vulkanischen Jupitermond Io einen Unfall. Als die eine stirbt, wird sie von der anderen, Martha, zurück zur Landefähre geschleppt. Während der Tage bis dorthin spricht eine mechanische Stimme aus dem Raumanzug der Toten, es ist die Stimme der Intelligenz, die als Mond Io bezeichnet wird. Io rettet Martha vor dem Tod, doch um einen gewissen Preis: Martha muß ihre fleischliche Hülle opfern.

Drei der Geschichten drehen sich um Kinder. S.N. Dyer thematisiert in "Wildling" die Frage, wie man mit jungen ausgesetzten Kindern in einer industriellen Gesellschaft umgeht. Mary Rosenblums schöne Story "Ratte" erzählt von einem Los Angeles, das durch die Eisschmelze abgesoffen ist. In Pfahlhütten wohnen die letzten Überlebenden, darunter genmanipulierte Kinder mit Schwimmhäuten oder Nachtsichtaugen, so wie "Ratte". Eines Tages lernt er auf einem Kahn, von dem er Muttererde klauen will, einen der ältesten Überlebenden kennen. Dieser hat nicht die Erinnerung verloren wie alle anderen. Ratte schließt sich ihm an, in der Hoffnung, daß Liebe trotz eines kurzen Gedächtnisses möglich sein könnte.

"Ellen O'Hara" wächst in Nordirland auf. Ihr Vater, ein bekennender Republikaner und Katholik, wird, als sie noch klein ist, von einem Protestanten erschossen. Sie will sich rächen, wird durch einen jungen Protestanten namens Stevie zur Terroristin, die Briten tötet. Als sie nach Stevies Tod herausfindet, daß Stevies Vater einst ihren eigenen Vater tötete, geht sie zu ihm, um ihr Ziel zu erreichen. Doch sie überläßt diesen Mann seinem jämmerlichen Schicksal und durchbricht so den Teufelskreis der Blutrache. Dennoch erscheint die Story an manchen Stellen unglaubwürdig.

Ein Kind im weiteren Sinne ist die Hauptfigur in Mike Resnicks Geschichte "Barnaby im Exil". Der Schimpanse Barnaby hat im Labor Sprechen und menschliches Denken gelernt. Doch als das Forschungsprojekt gestrichen wird und man ihn in die freie Wildbahn entläßt, findet er keine Artgenossen, die sind wie er. - Diese Geschichte erinnert in ihrer Melancholie und Naivität stark an den Klassiker "Flowers for Algernon" von Daniel Keyes.

Drei weitere Geschichten haben mehr mit Kunst und Imagination zu tun. Ian Watson benutzt seinen aus seinem "Buch Mana" bekannten Hintergrund, um dort eine Tragödie in der Tragödie aufzuführen, dargeboten von einer futuristischen Schauspieltruppe. Auch im Banne der Kunst findet sich ein veritabler Mafia-Gangster, der im Haus eines seiner Opfer, das er übernommen hat, einen Apparat zur Erzeugung digitaler Filme findet und nutzt. Sehr ironisch wirkt in Walter Jon Williams' Story "Das Filmgeschäft" die Wendung, als der gute Paulie aus begeisterter Liebe zum wahren Detail einen selbstgeschriebenen Gangsterfilm erstellt, der für seine Geschäftspartner ein Problem wird. Und sie kennen nur eine Methode, Probleme zu beseitigen...

Traum oder Realität? Das fragt sich auch der junge, etwas weltfremde Ted, der in einem Neuenglandhaus einzieht, um es auf die Ankunft seiner Frau vorzubereiten. Mit Hilfe einer merkwürdig schweren Taschenlampe erhascht er jedoch die Prallelrealität einer Frau und ihrer Familie, die sich mit Armbrust und Knüttel wilder Löwenmenschen erwehren müssen. Was zunächst erotisch beginnt, kippt in ein blutiges Drama um. Und als die Löwenmenschen auch Ted wahrgenommen haben, ist auch seine Realität nicht mehr sicher... Michael Flynn bietet seine Story "Das Haus der Träume" mit einer ironischen Kumpelhaftigkeit und direkter Ansprache des Lesers an, daß man die Story mit größtem Vergnügen liest.

Die beste Erzählung des Bandes, würde ich sagen, wenn da nicht noch Kalla Wefels satirisch-witziger Beitrag "Markenzeichen: No-Name" wäre. Seit vier Monaten ist kein Boot mehr mit Care-Paketen vom Festland zur Insel Helgoland gekommen. Die Anhänger von Marken- und die Anhänger von No-name-Produkten sind zwar heftig zerstritten, aber beide Gruppen finden diese Tatsache besorgniserregend. Eine Expedition nach Cuxhaven, eines munteres Häuflein, das reinsten Dialekt spricht, findet dort einige Gründe, sich zu wundern.

Fazit

Die Asimov-SF-Anthologie Nr. 52 ist eine gelungene Mischung aus mehreren Themenkomplexen und Stilrichtungen, die auch Einsteigern einen gelungen ersten Eindruck vom Stand der heutigen Science Fiction vermittelt, allerdings mit einseitiger Gewichtung auf angloamerikanischen Produktionen. Mehr Vielfalt ist in Wolfgang Jeschkes Anthologien zu finden, doch diese erscheinen weitaus seltener.

Michael Matzer / michael@matzer.de © 1999ff

Info: Nr. 06/5989; 347 Seiten, aus dem US- und GB-Englischen übertragen von diversen Übersetzern






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