Dan Simmon

Göttin des Todes

Roman. Heyne, München. 317 Seiten. ISBN: 3-453-04593-9

Apokalypse in Kalkutta
Dan  Simmon: Göttin des Todes

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Apokalypse in Kalkutta

Simmons' Erstlingsroman wurde mit dem World Fantasy Award ausgezeichnet. Es handelt sich nicht nur um eine Reise in das Herz der Finsternis, sondern auch um eine Erörterung der Rolle, die Dichter und Schriftsteller in der Welt spielen können.

Handlung

Robert Luczak ist Mitherausgeber eines winzigen amerikanischen Magazins für östliche Dichtung. Für "Other Voices" wie auch für das große Boulevard Magazin "Harper's Weekly" fliegt er nach Kalkutta, um von einem verschollenen indischen Dichter namens M. Das ein geheimnisvolles Manuskript zu erhalten und es später zu veröffentlichen. Robert macht den Fehler, seine indische Frau Amrita und sein kleines, süßes Töchterchen Victoria mit auf die Reise zu nehmen. Er erwartet, nur wenige Tage vor Ort bleiben zu müssen. Leider werden diese Tage sein bisheriges Leben auslöschen.

Am Dum-Dum-Airport (hier wurden die bekannten Geschosse hergestellt) holt sie ein unbekannter Mann namens M.T. Krishna ab und bringt sie im Bus zu ihrem Hotel. Weder die literarische Gesellschaft Kalkuttas noch eine amerikanische Hilfsorganisation haben je von MT Krishna gehört. Immerhin erhält Robert auf der Busfahrt einen ersten Eindruck von der höllischen Landschaft, mit der sich Kalkutta bei Nacht präsentiert. (Einzelheiten würden dazu führen, dass sich dem Leser der Magen umdreht.) Robert ist heilfroh, dass er wohlbehalten im Hotel ankommt. Ahnungslos willigt er ein, Krishna wieder zu treffen.

Nach mehreren Verzögerungen gelingt es ihm, das Manuskript überbracht zu bekommen. Von den rund 500 Seiten verschlingt er in einer unruhigen, schwülen Nacht rund 400: Beschwörungsformeln, Anrufungen, Zitate, Querverweise, mit deren Hilfe Kali, die indische Göttin des Todes und der Zerstörung, auf die Erde zurückgeholt werden soll... Wer ist dieser M. Das – ein Wahnsinniger?!

Krishnas Freund Jayaprakesh berichtet Robert in einer nächtlichen Unterhaltung, die sich über 50 Seiten erstreckt, über die von Sekten regierte Unterwelt des Molochs, der sich Kalkutta, die Stadt der Kali, nennt. Es sind Szenen, wie sie der Westler aus "Indiana Jones im Tempel des Todes" kennt. Sie gehen wirklich unter die Haut. Simmons beherrscht die Kunst, Details sowohl plastisch und genau, als auch mit ihrer ganzen Bedeutungstiefe zu beschreiben. Jede haarsträubende Szene steht dem Leser anschaulich vor Augen – optimal für Freunde des Alptraums!

Doch wer war bzw. ist der sich verborgen haltende Dichter M. Das? Wie Jayaprakesh erzählt, handelt es sich um jene Wasserleiche, die er im Tempel der Kali eines Nachts zum Leben erweckt hat. Der Dichter ist ein Zombie. Und das erklärt auch, warum sein Manuskript die Wiederkunft Kalis herbeibeschwört – falls er es selbst geschrieben hat und nicht einer der Kali-Priester.

Robert wird überraschend ein Interview mit Das gewährt. Jünger des Kalikults führen ihn durch die verkommensten Ghehttos der Riesenstadt. Vor Ekel rollen sich dem Leser die Fußnägel auf. Aber das ist noch nichts gegen den Schock, den der Anblick des leibhaftigen M. Das bereithält: Die einstige Wasserleiche sieht nach 7 Jahren Scheinleben kein bißchen gesünder aus. Im Gegenteil: Die Lepra ist noch hinzugekommen! Das Gespräch mit diesem... Wesen ist sowohl grauenerregend als auch von einem verschrobenen Wahnsinn mit Methode gekennzeichnet.

Am nächsten Tag bringt Krishna Robert eine Pistole, und der weiß auch gleich, was er damit zu tun hat: Der Zombie könnte erlöst werden. Robert glaubt, das Das sich mit der von ihm gelieferten Pistole umgebracht hat, aber es fielen zwei Schüsse...Mit Krishnas Hilfe kann sich Robert aus den Händen der Kali-Jünger befreien, allerdings erst nach einer sehr merkwürdigen Alptraum-Begegnung mit der schönen, sechsgliedrigen Göttin (sie hat vier Arme, zwei Beine) selbst. Doch da ist es für Robert bereits zu spät, seine Familie noch zu retten...

Den Höhepunkt des grauenerregenden Aufenthalts in Kalkutta erspare ich dem Leser. Man möge doch bitte selbst lesen und leiden.

Fazit

Der "Song of Kali", so der Titel des Originals, ist der von Hass und Zerstörung unter den Menschen. Er ist jeden Tag zu vernehmen, in der Zeitung, im Fernsehen. Kali wandelt also unter uns. Wurde sie wirklich von einem indischen Dichter heraufbeschworen? Warum auch nicht? Doch kann es nicht auch ein Gegengewicht geben?

Roberts Leben ist von Grund auf zerstört, doch noch gibt es für ihn eine Chance. Sie liegt in dem kleinen Magazin, das nun seinem Namen alle Ehre macht: "Other Voices". Am Schluss können er und seine Frau trotz aller Wunden wieder in die Berge gehen, Adler fliegen sehen und Leben zeugen.

Liegt nun also die Aufgabe eines Dichters oder Schriftstellers darin, den positiven Kräften des Lebens zu helfen? Ich glaube schon, dass Simmons diese Haltung befürworten würde. Sonst würde er nämlich die Sphäre Kalis nicht in so finsteren Farben malen. Zu den positiven Kräften gehört für Simmons durchaus eine entsprechende Praxis des Glaubens, wie er in den "Hyperion"-Romanen gezeigt hat.

Die literarischen Qualitäten dieses Buches sind unbestreitbar und sehr beindruckend. Hiermit meldete sich auf der literarischen Szene eine Stimme zu Wort, die von keinem Geringeren als Harlan Ellison selbst entdeckt und gefördert worden war. Und wie der Literaturfreund weiß, hat Ellisons Gespür für Talent nicht getrogen: Simmons-Romane sind Lesererlebnisse, an die man sich noch lange erinnert.

Michael Matzer © 2000ff

Info: Song of Kali, 1985; Heyne 1991, München; 317 Seiten, aus dem US-Englischen übertragen von Joachim Körber

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