Robert Silverberg

Tom O'Bedlam

SF. Heyne, München. ISBN: 3-453-00969-X

Robert  Silverberg: Tom O'Bedlam

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Der Heiland wird kommen – um jeden Preis

Die großen Mythen haben es Silverberg offenbar angetan. Trat in "König Gilgamesch" einer der ersten Großen Mythen auf, der übermenschliche Held, der nach dem Mittel strebt, den Menschen vom Tod und aus der Abhängigkeit vom Willen der Götter zu befreien, so besteht der große Mythos 2, den der Autor nun verarbeitet hat, darin, daß der Menschheit das Kommen eines Erlösers, eines Messias, verheißen wird. Die Frage, wie ein solcher Heiland in der modernen Zeit aussehen könnte und wie er wohl aufgenommen werden würde, steht im Mittelpunkt von "Tom O'Bedlam", verknüpft mit dem traditionsreichen Science Fiction-Motiv der ersehnten Kontaktaufnahme mit fremden Wesen aus dem All.

Handlung

Beim Lesen fühlt man sich fast ins Mittelalter zurück versetzt: Die Erde ist nach Kriegen im jahre 2103 durch radioaktiven Staub fast völlig entvölkert – wie Europa nach der Pest. Die paar Millionen Überlebenden, ständig bedroht von Winden aus der radioaktiven Staubwüste, die halb Amerika bedeckt, würden am liebsten gleich sterben. Eine Hoffnung scheint sich jedoch in dem Kult des Chungira-er-wird-kommen zu bieten, dessen Prophet die Ankunft der heilbringenden Aliens in Kalifornien (wo sonst?!) verheißt.

Und in der Tat: Die Gesichte, die den Charakter von Marienerscheinungen haben, zeigen den verzückten Chungira-Anhängern strahlende Welten von verlockender Schönheit, voll Glück und Freude. Jaspin, ein kalifornischer Anthropologe, der wie weiland Carlos Castaneda in so einen Kult gerät, macht sich eines Tages auf die Socken zu dem Ort, wo die Aliens landen sollen: Der Kreuzzug in das gelobte Land beginnt.

Der "arme Tom" (jene gestalt aus Shakespeares "King Lear"?) ist der typische ahnungslose Tor, unschuldig, lieb, doch zugleich der stärkste Empfänger für die Visionen, die Gedankenbotschaften von den Alien-Welten. Er könnte ein telepathischer Mutant sein, meinen die Wissenschaftler – jedenfalls scheint er gefährlich zu sein. Nach einer Weile des Umherziehens stößt Tom auf eine Klinik für geistige Rehabilitation, wo psychisch Behinderten jeden Morgen die Erinnerungen gelöscht werden – auch eine Methode, Weltschmerz zu kurieren.

Mit Toms Auftauchen treten bei Patienten und Pflegern verstärkt die Fremdwelt-Träume auf. Aus lauter Menschenliebe schickt Tom auch noch die Seele desjenigen, der als einziger keine Träume hat, auf die Reise zu den Sternen – ohne sterbliche Hülle, versteht sich, denn die Himmelfahrt hat ihren Preis.

Die hübsche Klinikdirektorin, geplagt von Weltschmerz und verlockenden Visionen, erfährt durch Bilder einer Sonde über der Sonne proxima Centauri, daß die von ihr geschaute Grüne Welt wirklich existiert. Es erscheint ihr nun nur folgerichtig, daß sie sich an dem tag, als der Zug Chungiras mit ausgeflippten Fanatikern über ihr Lebenswerk, die Klinik, hereinbricht und es vernichtet (Apokalypse!), dafür entscheidet, von Tom, ihrem persönlcihen Erlöser, auf die Grüne Welt versetzt zu werden. Am Schluß ist übrigens der ganze Himel grün; ob das eine Halluzination ist oder durch die Ankunft der Aliens bedingt, wird nicht erklärt.

Fazit

Was wäre, wenn auf einer ausgepowerten Welt ein Erlöser auftauchen würde? Könnten Psychologie und Anthropologie ihn erkennen, geschweige denn mit ihm umgehen? Wäre es verwerflich, wenn viele an ihn (oder sie!) glaubten und ihm folgen würden? Und was würde dann mit denen geschehen, die zwischen Wissenschaft und Glauben schwanken?

Dies sind einige der Fragen, die Silverberg in "Tom O'Bedlam" (Bedlam entspricht Bethlehem, bedeutet aber auch Irrenanstalt) zu behandeln versucht. Daß beim Thema des Second Coming vieles Bekannte aus dem Mittelalter auftaucht, dürfte kein Zufall sein – in kritischen Epochen der Geschichte wiederholen sich eben diese Phänomene. Das war auch vor dem Jahreswechsel zum Jahr 2000 weltweit zu beobachten: allerorten wurde der Weltuntergang verkündet.

Doch anders als Walter M. Miller, der ebenfalls an eine Wiederholung der Geschichte glaubte, bleibt Silverberg durch und durch Optimist: Er glaubt an den ultimativen Sieg des Guten, die Möglichkeit eines "last escape". Sein Buch ist kein "Lobgesang" für Leibowitz".

Daß fast alle Romanfiguren durch die Eigenart ihrer Sprechweise so lebendig erscheinen, ist nicht zuletzt auch das Verdienst einer adäquaten Übersetzung durch Roland Fleissner.

Michael Matzer / michael@matzer.de © 2000ff

Info: Tom O'Bedlam, 1985; Nr. 06/4456, 460 Seiten, aus dem US-Englischen übertragen von Roland Fleissner;






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