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Tod und Vergänglichkeit haben Künstler aller Schattierungen schon immer fasziniert und sie zu Kunstwerken aller Gattungen inspiriert, mal schwermütig, mal verzweifelt, mal beinahe heiter. Der Schweizer Thomas Röthlisberger, im Brotberuf Zahnarzt, hat das Thema in seinem Erstlingsroman als Parabel von Realität und Fiktion dargestellt.
Der ehemalige Architekt Albert Winter ist nach dem Tod seiner Frau aus freien Stücken in ein Altenheim gezogen, um sein nun zu großes Haus der raumheischenden jüngeren Generation zu überlassen und gleichzeitig der Einsamkeit zu entrinnen. Der Zeit seines Lebens mäßig erfolgreiche Häuserbauer ist sich seiner Grenzen nüchtern bewußt und versucht, die letzte Station seines Lebens mit Würde und hellem Verstand zu meistern, obwohl ihn die Erkenntnis dieser Sackgassen-Situation im Heim mit voller Wucht trifft.
So beginnt er, erst behutsam tastend, dann immer zielsicherer, eine
Fiktion des Altwerdens aufzubauen. Er erzählt dem dahindämmernden
Heimbewohner Fritz Anekdoten aus seinem Leben, erinnert sich verschiedener
Menschen, die seinen Weg gekreuzt haben, und der Erlebnisse mit ihnen.
Aus dem geliebten Finnland gelangt zufällig der Name eines alten Mannes
an die Oberfläche, den er nur dem Namen nach und dessen Leben er nur
aus hingeworfenen Gesprächsfetzen kennt. Langsam aber stetig beginnt
er sich und seinem Heimgenossen die Geschichte des alten Saarinen zu entwickeln,
wie er sie sich vorstellt.
Der schlichte Alte wohnt nach dem Tod seiner Frau - autobiographische
Färbung des Erzählers - in der engen Wohnung der ihm nicht wohlgesinnten
Tochter. Der dumpf-trinkende Schwiegersohn und die gehässige Tochter
machen ihm das Leben zur Hölle, bis er eines Tages einfach in die
östlichen Wälder zu einer einsamen Hütte am See aufbricht.
Er richtet das halbverfallene Häuschen aus eigener Kraft wieder her
und beginnt, sich hier ein eigenes, menschenwürdiges "Altersheim"
zu bauen. Ohne sich dessen bewußt zu werden, genießt er ein
spätes Alltagsglück, das sich aus der Würde der Eigenverantwortung
speist.
Je länger Albert Winter den tristen Alltag des Schweizer Edel-Altenheims
erduldet, desto mehr ist Saarinen mit Reparaturen, Angeln, Vorrätesammeln
und dem Abwettern übler Witterungsbedingungen beschäftigt. Jeder
zahnlose Alte um Winter herum geht in den still-heroischen Widerstand Saarinens
als Antithese des Alterns ein.
Aber Winter kann der Realität nicht entfliehen und baut deshalb
den Tod als Apotheose in seine Geschichte ein. Unbewußt, aber fast
triebhaft führt er seine Geschichte zum finalen Exitus, den er schließlich
wie einen Mord empfindet. Der Tod in der Fiktion und schließlich
auch in der ihn umgebenden Realität gerinnt zur Katharsis für
Winter, der er sich nicht mehr entziehen kann.
Röthlisberger hat dieses Thema erfreulich nüchtern und dennoch mit viel Herz aufgenommen. Nie rutscht er in selbstmitleidigen Weltschmerz oder in todesschwangere Metaphysik ab. Jederzeit begleitet der Tod als ein unvermeidbarer Gast die Personen seines Romans, und in der Person des tapferen Saarinen keimt so etwas wie trotziger Humor auf. Röthlisberger hütet sich auch vor absegnenden Schlußfogerungen und Weisheiten über den Tod. Er findet einfach statt, und fertig werden die Menschen trotz aller subtilen Bemühungen mit ihm nie. So endet der Roman ohne religiöse oder pseudo-philosophisch überhöhte Botschaft, und was bleibt ist ein Schnappschuß des Lebens.
Frank Raudszus
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Danke.
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