Marge Piercy
Die Frau am Abgrund der Zeit
SF. Heyne, Hamburg. ISBN: 3-886-19915-0
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Im Utopia der Frauen
Piercy ist nach mehreren Romanen anerkannt als eine der wichtigsten Autorinnen von Mainstream- und Zukunftsromanen unserer Zeit. Sie wuchs in Detroit auf, wohnte in Paris, San Francisco und New York City und lebt heute als freie Schriftstellerin in Boston und auf Cape Cod. In den 80er war sie aktiv in der Frauenbewegung tätig, hielt Vorträge und leitete Workshops. "Woman on the edge of time" ist ein Buch mit einem Anliegen, und das spürt man auf jeder Seite.
Handlung
Connie Ramos ist 37, Puertoricanerin und lebt in den Slums von New York City. Sozial deklassiert, an den Rand gedrängt von einer Gesellschaft, die sie kurzerhand für nicht normal erklärt und ihr zunächst den Liebhaber nimmt, dann ihr Kind und schließlich sogar ihre Freiheit.
Als hilflose, unter Drogen gehaltene Patientin einer Nervenheilanstalt findet sie einen Weg aus der unerträglich gewordenen Wirklichkeit, indem sie telepathischen Kontakt aufnimmt mit Luciente, einer Frau aus dem 22. Jahrhundert. Diese lebt in einer Gesellschaft, in der die Rollen der Geschlechter aufgegeben wurden, zugunsten eines neuen, breiteren Konzepts der Familie, das jedem Menschen die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit erlaubt. Schließlich gelingt es Connie, selbst an dieser so schön erscheinenden Zukunft des feministischen Utopia teilzuhaben.
Fazit
Während die zeitgenössischen Szenen des Roman voll tiefer Einsichten und wirklich anrührend sind – Connie wird fälschlicherweise beschuldigt, ihre Tochter mißbraucht zu haben – mangelt es den Szenen aus dem Utopia der Feministinnen an Glaubwürdigkeit. Denn dieses Utopia gründet in erster Linie auf idealen zwischenmenschlichen Beziehungen, während die sozialen und ökonomischen Bedingungen außer acht gelassen werden. Vielleicht wird man der Geschichte am ehesten gerecht, wenn man sie als Traum (geträumt von Connie) auffaßt statt als realisierbare Gesellschaftsform. Dann wäre das Buch dem Roman "Herland" (1914) von Charlotte Perkins Gilman (1860-1935) wesentlich ähnlicher.
Michael Matzer © 2000ff
Info: Woman on the edge of time, 1976; 467 Seiten, aus dem US-Englischen übertragen von Norbert Werner/Herta Zidek
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