D.A. Pennebaker

Only the strong survive – A celebration of soul (DVD)

DVD. Sunfilm, ISBN: B0009WV3H8

Der ‘Buena Vista Social Club’ lässt grüßen
D.A.  Pennebaker: Only the strong survive – A celebration of soul (DVD)

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Mit ihren Dokumentarfilmen wie etwa “Monterey Pop” (1968), „Don’t Look Back“ (über Bob Dylan, 1967) und “The War Room” schrieben die beiden OSCAR-nominierten Filmemacher D. A. Pennebaker und Chris Hegedus bereits Filmgeschichte. Besonders der Dylan-Film hat mich beeindruckt.

In „Only the strong survive – A celebration of soul” erzählen sie die Geschichte des Soul, einer Musikrichtung, die über Jahrzehnte auch großen Einfluss auf andere Musikstile haben sollte. Zehn Legenden des Soul berichten von den Anfängen und zeigen auch heute noch bei ihren Konzerten, dass sie trotz des hohen Alters – Rufus Thomas war 82 – nichts von der Energie und der Lebensfreude verloren haben, die diese Musik ausmachen. (aus dem Klappentext)

Filminfos
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O-Titel: Only the strong survive – A celebration of soul (USA 2004)
Dt. Vertrieb: Sunfilm
FSK: ab 12
Länge: ca. 96 Min.
Regisseure: Chris Hegedus, D.A. Pennebaker
Darsteller: siehe unten

Inhalte
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Die Doku beginnt an einem der Brennpunkte der Soul-Bewegung: in Memphis, Tennessee. Hier lebte nicht nur Elvis. In der Radiostation sitzt 1999 ein Soul-Urgestein am Mikro: Rufus Thomas. Er ist lockere 82 Jahre und immer noch ein humorvolles Schlitzohr. (Ihm ist dieser Film gewidmet.) Im Auftrag der Macher besucht der New Yorker Journalist und Soul-Fan Roger Friedman anno 1999 Memphis, um herauszufinden, was aus den früheren Stars des Soul geworden ist. Leben sie alle noch? Keineswegs, und am Rande bekommt man mit, dass der eine oder andere auf der Strecke geblieben ist, beispielsweise Sam Cooke und Otis Redding.

Im nächsten Schritt stellt die Doku die wichtigsten Stars vor, die gefunden werden konnten. Da ist zunächst Wilson Pickett, der stets in teuren Designeranzügen auftretende „wild man“ des Soul. Er nimmt nach zehn Jahren Abstinenz ein neues Album auf – es klingt heiß. Die Show-Aufnahmen verraten, über welche Energie der man verfügt. Naja, er ist ja noch jung, zwischen 40 und 50.

Isaac Hayes, ein Autor von Mega-Hits, sitzt nun ebenfalls im Radiosender WDAI von Memphis und flachst mit Sam Moore rum, einer weiteren Größe des Soul. Die beiden sind wie Brüder und treten mitunter zusammen auf. Sam Moore in New York City: Hier dealte er 1973 in der schlechten alten Zeit mit Heroin und Kokain, weil er selbst abhängig war und das Geld brauchte. Seine Frau sitzt daneben und berichtet, was sie Sam alles wegnehmen musste, um ihn von den Drogen wegzukriegen. Das war 1982. Jetzt ist er clean und gibt später im Film ein erstklassiges Konzert. Hayes nennt Sam „Blessed“: gesegnet.

Gestatten? Mary Wilson, eine der Königinnen des Soul. Sie war Sängerin der Supremes, der ersten Girl Group. Die hatten in den Sechzigern mehr Nummer-1-Hits als die Beatles. Sie feiern nun ihr 40-jähriges Jubiläum. Mary muss nun (1999) auf die 60 zugehen. Sie studiert an der Uni, um ihr nächstes Buch ohne die Hilfe von teuren Ghostwritern schreiben zu können. Sie probt den Song „Love Shot“.

Sam Moore und seine streitbare Frau besuchen Atlantic Records, um dagegen zu protestieren, dass Performer immer noch nicht an den Tantiemen beteiligt werden, wenn einer seiner Songs irgendwo auf der Welt gespielt wird. Warum dürfen nur Song-Autoren und Produzenten solche Tantiemen bekommen?

Carla Thomas ist die Tochter von Rufus und singt ebenfalls. Sie erzählt von ihren Anfängen als Kronprinzessin des Soul anno 1969 und später. Nachdem die Stax Records 1975/77 (es gibt zwei verschiedene Angaben im Film) pleite gegangen waren, wurden die Studios abgerissen. Nur ein Bodenmosaik und eine Gedenktafel erinnern daran. Dort traf sie Soul-Legende Otis Redding („Sittin’ on the dock of the bay“) aus Georgia. Sie probt den Hit „B.A.B.Y., der zunächst einfach anfängt, aber plötzlich in einen komplizierten Akkord und Rhythmus wechselt – sie muss ihren Musikern Anweisungen geben, während sie singt.

Ann Peebles war bei Royal Records, der Konkurrenz von Stax, unter Vertrag. Zusammen mit ihrem mann Don Bryant stellt sie immer noch eine Show auf die Beine. The Chi-Lites sind eine Soul Boy Group, allerdings sind sie alle schon stramme 60. Auch hier gibt’s einen Hit: „Telle me, have you seen her?“

Der (neben Hayes und Moore und Thomas) eindrucksvollste Sänger ist zweifellos Jerry Butler. Er sang nicht nur den Song, der dem Film den Titel gab, sondern auch auch ein Buch mit diesem Titel: „Only the strong survive“. Heute ist er Kreisrat in einem Landkreis in der Chicago-Region und der Vorsitzende der "Rhythm and Blues Foundation". Genau diesen Song gibt er im Konzert zum besten. Er berichtet auch, wie es war, im Chicago der Fünfziger aufzuwachsen. Wilson Pickett war aus einer anderen Gang als er. Nachdem Pickett seinen Hit „Gonna wait till the midnight hour“ vorgetragen (oder inszeniert) hat, trägt Butler einen sehr langsam. Getragenen Soul-Song vor.

Der Rest des Films ist fast eine einzige Hitparade: „Soul man“ (Moore), „SHAFT“ (Hayes) und schließlich noch Carla Thomas’ „B.A.B.Y.“. Alle sind noch aktiv, stellen neue CDs vor. The Soul goes on.

Die DVD
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Technische Infos

Bildformate: 4:3 (Vollbild)
Tonformate: D in DD 5.1 und Dolby Surround
Sprachen: Englisch
Untertitel: D

Extras:

- Originaltrailer
- Bio-/Filmografien
- Produktionsnotizen
- 3 DVD-Tipps

Mein Eindruck
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Es ist nicht meine Aufgabe, die Geschichte des Soul zu rekapitulieren. Das wäre schon eher die Aufgabe dieses Films. Aber die Macher des Films haben diesen Job einer „History of…“ ebenfalls abgelehnt, sondern setzen vielmehr die Historie als sattsam bekannt voraus. Sie wird kurz in den „Produktionsnotizen“ angerissen.

Daher genügen den Machern kurze Rückblenden, mit denen sie die Startpunkte für die jeweilige Entwicklung eines der vorgestellten Künstler setzen. Der vorläufige Endpunkt ist dann das Wiedersehen im Jahre 1999: Konzertaufnahmen, Interviews oder Aktivitäten der Künstler. Das Letztere ist besonders bei Rufus Thomas der Fall, der einfach ein leutseliger Mensch ist. Wir sehen ihn beim Radiosender oder in einem Musikrestaurant, wo er seine neueste CD promotet und verkauft.

Alle diese untereinander verbundenen Entwicklungslinien sollen ja mehr oder weniger die These belegen, die ihm Titel ausgesprochen ist: Nur die Starken überleben. Aber wie ist oder wird man „stark“? Die Überlebenden, die wir zu sehen bekommen, sehen gut, erfolgreich und proper aus – sie haben offenbar ihren Spaß. Das Überleben scheint aber nicht immer aus eigener Kraft gelingen zu können. Sam „Blessed“ Moore ist so ein Fall. Seine Frau musste ihn von den Drogen, seinem Geld und von seiner menschlichen Umgebung abschneiden – ihn quasi unmündig machen, bevor er es 1982 schließlich schaffte, clean zu werden und keinen Rückfall zu erleiden.

Der Film könnte also genauso gut den Titel „With a little help from my friends“ tragen. Und diese Firends sind auch im Publikum zu finden. Viele schwarze Menschen hören der Musik der Schwarzen zu, logisch, doch auch etliche weißhäutige Herrschaften, vor allem Damen zwischen 30 und 40, feiern diese Konzerte mit Enthusiasmus: gepflegte Unterhaltung und Musik fürs Herz. Die Männer – weiße wie schwarze - sind wahrscheinlich wegen ihrer Frauen mitgekommen.

Dass aber auch Rapper diese Soul-Hits aufgegriffen und für sich adaptiert haben, erfährt man nur aus den „Produktionsnotizen“. Auch die Tatsache, dass die meisten Konzertaufnahmen aus einem 12-stündigen (!) Benefizkonzert für den Soulsänger Luther Ingram stammen, wird nicht im Film erwähnt.


***Die DVD***

Der Sound der zahlreichen Konzertaufnahmen weiß durchaus zu überzeugen. Das gilt natürlich nicht für die alten Archivaufnahmen. Sie mussten aufpoliert werden, um in die Auswahl aufgenommen zu werden. Auch die Videoaufnahmen sind eine andere Kategorie. Da ist aber das Meiste sehr gut zu verstehen. Das Gleiche gilt im Grunde für die Qualität der Bilder: Konzerte, Video und Archivaufnahmen sind auch hier die drei Qualitätsstufen. (Wo die Aufnahmen entstanden, verraten die „Produktionsnotizen“.)

Der Zuschauer muss entweder sehr gut amerikanisches Englisch berherrschen oder aufmerksam den deutschen Untertiteln folgen. Diese Untertitel sind sprachlich korrekt und auch in der Rechtschreibung fehlerlos. Allerdings können sie aus Gründen des Platzes und der Sprechgeschwindigkeit nicht alle Sätze lückenlos wiedergeben. Ich würde mal sagen: 90 Prozent. Das ist ein sehr hoher und vertretbarer Prozentsatz.

Die Extras…

.. sind durchaus beachtenswert. Der Originaltrailer (1:55 Min.) zeigt Rufus Thomas beim Radio, aber natürlich auch die Konzertaufnahmen. Dass der Film der ‘Buena Vista Social Club’ des Souls sei, ist übrigens ein Zitat aus dem Branchenfachblatt „Variety“.

Die Bio- und Filmografien (in Deutsch) decken ausschließlich die beiden Macher D. A. Pennebaker und seine Partnerin, die Cutterin/Kamerafrau/Regisseurin Chris Hegedus, ab. Ich wusste gar nicht, dass Pennebaker seinen ersten Film schon 1953 drehte. Er gilt als der Erfinder des „cinéma verité“, das eine viel größere Unmittelbarkeit als herkömmliche Doku-Präsentationen. Sie haben zusammen wichtige Musikfilmdokus produziert, darunter (neben den eingangs genannten) auch „Coming down the mountain“ über Bluegrass Music, wie man sie im Spielfilm „O Brother, Where Art Thou?“ von den Coen-brüdern sehen und hören kann.

Die - durchgehend deutschsprachigen - „Produktionsnotizen“ sind jener Informationsteil der DVD, den man als allererstes lesen sollte – noch vor dem Ansehen des Films! Ich habe schon oben mehrmals darauf hingewiesen. Die zahlreichen Texttafeln beleuchten nicht nur die Geschichte des Soul in knapper Form, sondern stellen die wichtigsten Künstler auch mit einer kurzen Würdigung vor. So erfahren wir auf diese Weise, dass Isaach Hayes den Hit „Soul man“ für Sam Moore schrieb, dass Wilson Pickett aus dem Staat New Jersey verbannt wurde und dass Rufus Thomas im Dezember 2001 im Alter von 84 Jahren starb (R.I.P.) und so nicht mehr erleben konnte, wie der Film für das wichtige Sundance Film Festival ausgewählt wurde.

Unterm Strich
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Die Musik-Doku eignet sich sowohl als mitreißender Konzertfilm als auch als Einblick in die aktuelle Szene der Soulmusiker. Die Musik geht ebenso zu Herzen wie so manches Musikerschicksal (Sam Moore, Rufus Thomas). Und wer es zulässt, ertappt sich dabei, den einen oder anderen Refrain mitzusummen. Denn die Energie und das Gemeinschaftsgefühl, das sich in diesem Musikstil ausdrückt, sind einfach ansteckend.

Als musikgeschichtliche Doku eignet sich der Film weniger, aber solch ein Werk haben die beiden Macher auch nicht beabsichtigt; es würde auch gar nicht in ihre Filmografie passen, die wirklich eindrucksvoll lang ist. Wer sich für die Hintergründe interessiert, sollte sich also zuerst die „Produktionsnotizen“ unter dem Menüpunkt „Specials“ durchlesen. Apropos Menüs: Jedes der Menüs ist mit einem bekannten Soul-Hit unterlegt. Das macht Laune – genau wie der ganze Film.

Michael Matzer (c) 2005ff

Pro: informativ, unterhaltsam, sehr humorvoll & warmherzig, passables Bonusmaterial, guter Sound, gutes Bild

Kontra: kein DTS-Sound, keine musikgeschichtliche Doku






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