Jonathan Lethem

Knarre mit Begleitmusik

SF. Heyne, München. 334 Seiten. ISBN: 3-453-13320-X

SF-Frühwerk eines Kultautors
Jonathan  Lethem: Knarre mit Begleitmusik

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In naher Zukunft, so um das Jahr 2008, ist Schluß mit lustig in San Francisco. Es gibt keine Richter mehr, sondern nur noch Polizisten, die aber Justizbefugnisse haben: Inquisitoren. Das klingt nicht nur nach Mittelalter, das ist es auch. So hat jeder Bürger - es gibt natürlich auch "gleichere" Bürger - ein Guthaben von 75 Karmapunkten, das sich aber durch Gesetzesverstöße rapide verringern kann. Bei null Punkten auf der elektronisch lesbaren "Karmakarte" kommt man in den Tiefkühlschlaf, in den "Froster". Die dort abgeleistete Zeit kommt den Staat wesentlich billiger als das Gefängnis. Alles hat eben seine Vor- und Nachteile. Und die Bürger schweigen dazu: Jeder bekommt zu Sonderpreisen seine Mischung an Drogen. Viele bevorzugen "Forgettol", denn es gibt nicht einmal mehr Fernsehen, um die Leute zu unterhalten.

Conrad Metcalf ist ein Privatinquisitor, der früher mal selbst bei den Bullen war - er hat eine Lizenz zum Fragenstellen. Nun geht es ihm nicht mehr so gut, vor allem weil er sich für den Geschmack der Betroffenen allzu sehr für einen brisanten Mordfall interessant, in den einer der Drogen- und Sklavenbarone der Stadt verwickelt ist. Dieser Phoneblum, eine Art fetter Marlon-Brando-Pate in seinen schlechtesten Jahren, hat die Polizei in der Tasche. Über kurz oder lang ist Metcalf natürlich alle seine Karmapunkte los.

Nach sechs Jahren im Froster erscheinen ihm jedoch die Geschehnisse vor seiner "Einbuchtung" wie gestern, und er macht sich mit Erfolg daran, den Fall aufzuklären. Es gelingt ihm, die Unschuld eines seiner ursprünglichen Auftraggeber, Orton Angwine, zu beweisen und ihn aus dem Froster zu holen. Conrad ist ein guter Mann.

Ein Mann? Er verfügt zwar über die körperliche Ausstattung, häufig aber nicht über das seelische Stehvermögen, um es mit dem schönen Geschlecht aufzunehmen. Gelegenheiten zu Liebeshändel bieten sich ihm, wie jedem Detektiv Chandler'scher Prägung, in schöner Regelmäßigkeit. Schließlich schafft es eine junge Polizistin mit dem schönen Namen Ms. Teleprompter, ihn ins Bett zu kriegen. Am nächsten Tag ist er im Froster. Tough luck!

Conrad gerät bei seinen Ermittlungen an ein Känguruh im Trenchcoat. Die Technik der Gentherapie macht es möglich, Tiere mit menschlicher Intelligenz auszustatten. Das habe ich schon einmal bei Jeff Noon und H. G. Wells besser gelesen. Auch Babys verfügen von frühesten Kindesbeinen an über die Intelligenz von Erwachsenen - Baby Herman läßt grüßen. Allerdings legen einige dieser sogenannten "Babyköpfe" davon auch die kriminelle Energie und den Hang zum Alkohol von Erwachsenen an den Tag.

Fazit

"Knarre mit Begleitmusik" soll laut Klappentext ein "lustiger" Science-Fiction-Krimi sein. Der einzige Humor, der sich jedoch darin findet, ist entweder sehr schwarz oder der der Satire. Schwarzen Humor kennt man aber von Chandler und Hammett schon - nichts Neues. Die Satire hingegen ist eine ätzende Kritik an der möglichen soziopolitischen Entwicklung im Staate Kalifornien, wenn nicht gar der gesamten Vereinigten Staaten.

Durch den Kniff, daß Conrad seine Geschichte in der Ich-Form erzählt, erfahren wir als Leser zwar viel über seine Gefühle und Ansichten, aber dies erlaubt es dem Erzähler auch, relativ viel über seine Eigenschaften zu verschweigen. So kann beispielsweise der Verdacht aufkommen, bei Conrad handle es sich in Wahrheit um einen Transsexuellen, der sich im Niemandsland zwischen den Geschlechtern befindet. Conrad scheint jedoch ein Mann - und zudem ein Mensch - zu sein. All dies ist keineswegs selbstverständlich in Anbetracht des über die "EvoluTiere" und "Babyköpfe" Gesagten und macht uns den Helden sympathisch.

Auch wenn "Knarre mit Begleitmusik" - der Titel stammt von den Musik spielenden Pistolen der Zukunft - eine Satire ist, so liest man den Roman doch in erster Linie nicht wegen der Gesellschaftskritik, sondern weil der Leser wissen will, wie der Fall schließlich aufgeklärt wird. Lethem macht einen guten Job: Die Lösung erfährt der Leser erst auf den allerletzten Seiten.

Michael Matzer © 1999ff

Info: Gun, with occasional music, 1994; Nr. 06/5928,; 334 Seiten, aus dem US-Englischen übertragen von Biggy Winter






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