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Ein Monster à la Dr. Lecter Was für ein Wälzer! Über 800 Seiten stark ist das Buch im Original
Handlung
Zwei schreckliche Ereignisse zerstören das verhältnismäßig glückliche Leben von Martie und Dusty Rhodes. Martie ist eine Designerin von PC-Spielen, er der Leiter einer Anstreicherkolonne. Sie leben in Newport Beach südlich von Los Angeles, an der Küste, einem ansonsten friedlichen Örtchen.
Zur selben Zeit, als Dustys drogensüchtiger Bruder Skeet droht, sich von einem Hausdach in die Tiefe zu stürzen, weil er einem mysteriösen "Todesengel" folgen will, hat Martie zu Hause ihren ersten Anfall einer unheimlichen Phobie vor sich selbst. Zunächst kann sie nicht glauben, dass sie ohne Grund entsetzliche Furcht vor ihrem eigenen Schatten, dann auch vor ihrem Spiegelbild hat. Und warum betrachtet sie plötzlich einen gezackten Autoschlüssel als potenzielle Mordwaffe?
Doch der charmante Psychiater Dr. Mark Ahriman kann ihr und Skeet vielleicht helfen. Schließlich behandelt er bereits Marties beste Freundin Susan wegen ihrer Agoraphobie, der Furcht vor offenen Plätzen. Leider zeigt sich schon bald, dass Dr. Ahrimans Hypnosesitzungen einem ganz anderen Zweck dienen als der Heilung von Kranken. Ahriman programmiert seine Patienten, ihm zu Willen zu sein und Aufträge auszuführen. Doch die Frage bleibt, warum er es gerade aus Duty und Skeet abgesehen hat.
Da Dusty ein unglaublich cleverer Bursche ist und auch Martie bald ungeahnte Qualitäten an den Tag legt, gelingt es ihnen, Dr. Ahriman stets einen halben Schritt vorauszusein und ein altes Familiendrama der Rhodes' ans Licht zu bringen, in dessen Folgen alle umzukommen drohen. Doch das Attentat auf den Präsidenten der Vereinigten Staaten können auch sie nicht mehr verhindern.
Fazit
Es ist mir sehr schwer gefallen, dieses Buch aus der Hand zu legen. Obwohl es deutliche Einschnitte und zahlreiche witzige Intermezzi gibt, die zur Pause einladen, drängen sich doch so viele Rätsel auf, dass ich unbedingt erfahren wollte, wie es weiter geht, on Dusty und Martie und Skeet überleben. Es ist die reinste Achterbahnfahrt zwischen atemloser Spannung und irrwitzigem Humor der schwärzesten Art. Am Ende war ich froh, dass alles vorbei war. Puh! Eine verdammt lange Fahrt – sie umfasst zwar nur knapp eine Woche, ist aber so mit Einzelheiten angefüllt, die weit in die Tiefe und die Vergangenheit reichen, dass der Eindruck eines vielen größeren Zeitraums entsteht, den der Leser durchmisst, wenn ihn Dean Koontz an der Hand nimmt.
Ahriman – das Wort kommt aus dem Altpersischen und ist der Name eines Gottes – ist ein Monster, kein Zweifel. Andere Menschen sind seine Spielzeuge, und er veranstaltet mit ihnen Spiele, als befänden sie sich auf einem Schachbrett, auf "der Doktor" sie wie Zinnsoldaten von hier nach da verschiebt. Dieses Monster ist zwar ein Psychiater wie Dr. Hannibal Lecter und auch Ahriman ergätzt sich an fleischlichen genüssen. Doch verspeist er nicht die Leiber seine Opfer, sondern ihre Seelen: nachdem er sie "programmiert" hat, gehören sie ihm, auf ein Stichwort hin erfüllen sie seinen Willen, so dass er sie leiden lassen kann – an Phobien etwa. Sobald er sich an ihren Tränen buchstäblich delektiert hat, wirft er sie weg wie alte Puppen, beispielsweise Susan.
Koontz erschuf das Monster Ahriman nicht um dessen selbst willen oder um einen tollen Horroreffekt zu erzielen. Ahriman ist ein Symbol, ein Symbol für vieles, was Koontz an der amerikanischen bzw. westlichen Kultur und Gesellschaft nicht (mehr) zu stimmen scheint. Dazu gehört nicht nur die Herrschaft der Medien, die zum fließenden Übergang zwischen Wahrheit/Realität und Fiktion/Fantasy führt. Dazu gehört auch die Herrschaft der Pseudo-Religion Psychologie. "Pop-psych gurus" sind Koontz ein Greuel, und er führt sie allesamt ad absurdum. Er nimmt sie aber immerhin so ernst, dass er die Hintermänner Ahrimans als Drahtzieher auf den höchsten Ebenen der Politik aufscheinen lässt. Ahriman wird von ganz oben gedeckt, er kann darauf zählen, dass er ungestraft mit Menschen spielen darf. Als er tot ist, weiß natürlich niemand mehr von ihm, man wendet sich mit geheucheltem Grausen.
Aber Ahriman ist kein Monster aus der Retorte, sondern ist gewachsen, erzogen und ausgebildet in Kalifornien. Seine Tochter war Dustys im Kindbett gestorbene Schwester Dominique. Und als Dusty hier tiefer gräbt, merkt er, dass es noch größere Ungeheuer als Dr. Mark Ahriman geben kann.
Michael Matzer © 2001ff
Info: False memory, 1999; Heyne 2001, München; 729 Seiten (818 im Original), aus dem US-Englischen übertragen von Waltraud Götting, DM 44,00
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Danke.
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