Mühler ist ein wahrhaft
skurriler Held: Er leidet nicht nur an einer unappetitlichen Bläschenallergie
und trägt einen grünen Anzug, der genau drei Tage älter ist
als er selber, sondern ist zudem auch noch mit einem "Hang zum Zaudern"
und einer "stupenden Blödigkeit" geschlagen. Nichtsdestotrotz
wird dieser Mühler regelmäßig von einer geheimnisvollen
Firma engagiert, um prekäre Fälle aufzuklären - so soll er
dieses Mal einen verschwundenen Geldtransporter in der namenlosen "Hauptstadt"
aufspüren.
Ohne Verzug nimmt Mühler seine Ermittlungen auf und wird - kaum dass
er aus der Haustür getreten ist - von einer rotbejackten Jugendbande
überfallen und seines geliebten grünen Jacketts beraubt. Doch
unbeirrt stolpert er weiter durch die Straßen der Hauptstadt und folgt
seiner Überzeugung, dass die "Logik eines Auftrags wie ein Skelett
im Fleisch seines Verlaufs verborgen" ist. Immer tiefer verstrickt
er sich und den Leser so in ein magisches Labyrinth voller Sackgassen, verborgener
Gänge und unterirdischer Tunnel: Vorbei an "Hellas Kiosk",
in deren Hinterräumen das illegale alkoholverstärkende "Sucko"
gebraut wird, vorbei an Bertinis exzentrischem Künstleratelier und
der "Grünen Zisterne" - einer Videothek seines Freundes Kurti
für nekro- und fäkophile Filme, die in einem der letzten europäischen
Doppelstock-Pissoirs untergebracht ist. Auf die Spur des Geheimnisses kommt
Mühler schließlich durch einen Comic sowie eine Gebrauchsanleitung
aus dem unerschöpflichen "Gebrauchttextfundus" der allwissenden
Gebrüder Illich.
Georg Klein, der schon 1998 mit seinem Agenten-Roman "Libidissi"
aufhorchen ließ und im vergangenen Jahr für einen Auszug aus
"Barbar Rosa" mit dem Ingeborg Bachmann-Preis ausgezeichnet wurde,
ist ein einzigartiges Phänomen in der deutschen Gegenwartsliteratur.
Seine wie aus einer anderen Zeit klingende Prosa ist mit kühler Präzision
und Eleganz geschliffen und zugleich von einem faszinierend-befremdlichen
Hauch des Dekadenten, Ekelhaften und Morbiden durchzogen. In "Barbar
Rosa" dekonstruiert Georg Klein zudem auch programmatisch die gewohnten
Muster der "Detektivgeschichte" und webt im Verlaufe der Aufklärung
schon an einem neuen Schleier der Maya: "In fernen, lang verflossenen
Zeiten ... mag der süßeste Sinn eines Geheimnisses in seiner
Auflösung oder Aufklärung gelegen haben. Heutzutage erscheinen
mir die Errichtung und der Erhalt eines Geheimnisses weit wertvoller und
ungleich schwieriger" - dermaßen erhellt uns Georg Klein in einem
Interview die Bedeutung der literarischen Spannung für ihn und führt
zugleich in die Tiefen seiner Poetik.
In die "Tiefen eines alten Hallenbades" führt uns indessen
seines Protagonisten Weg - hier packen ihn albtraumhaft unbekannte Hände,
zerren ihn an "Kragen, Gürtel, Hosenboden" und stoßen
ihn in das Zentrum des Geheimnisses. "Barbar Rosa" endet in einer
surrealen Performance von exorbitantem Ausmaße, mit der Georg Klein
noch einmal seine exquisite, zuweilen auch leicht manirierte Bild- und Schöpfungskraft
unterstreicht und seinen Helden zu der Einsicht führt: "Seit diesem
Auftrag muss ich bleibend wissen, dass unerträglich grauenhaft nur
ist, das Schönste zu erinnern."
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