Stan Jones
Weißer Himmel Schwarzes Eis
Krimi. ut metro, 250 Seiten. ISBN: 3-293-20167-9
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Das Städtchen Chukchi liegt in der nördlichsten Ecke Alsakas. Permanente Temperaturen um die 20 Grad minus und vor allem die „zahnschmerzähnliche“ Hartnäckigkeit des Westwindes quälen seine Bewohner: „Gott hilf, wenn man ohne Handschuhe hantieren mußte. Er nagte an Händen und fegte Schotter in die Augen. Nachts im Haus konnte man hören, wie er Büsche und Gräser gegen die Wände scharrte. Man konnte fühlen, wie er warme Luft aus den Rissen rund um die Fenster heraussaugte und kalte Luft unter der Tür und durch die Fassungen drückte.“ Die einzige Wärme liefert der Alkohol und oft folgt dem Griff zur Flasche der Griff zum Gewehr oder zum Seil, um niemals mehr zu frieren.
Selbstmorde belegen einen prominenten Platz auf der Hitliste der Todesursachen von Eskimos im ländlichen Alsaka und der Fall scheint eisklar zu sein, als man Georg Clinton findet, gegenüber der Dorfkneipe „Dreamland“, inmitten von leeren Schnapsflaschen, schon halb gefroren, mit dem Gewehr auf den Beinen und einem Loch im Adamsapfel: „Selbstmord“, sagen die dessinteressierten Polizisten. „Mord“, denkt der Alaska State Trooper Nathan Active, dem ein Schuß in den Hals als Selbstmord-Methode ein wenig zu kompliziert erscheint. Eine weitere Leiche mit einem Loch in der Kehle, die kurz darauf gefunden wird, bestätigt seine Vermutung. Dass die einzige Gemeinsamkeit der beiden Toten ihre Anstellung bei der Grey Wolf Kupfermine war, scheint auf den ersten Blick nicht ungewöhnlich, ist das Bergwerk doch der größte Arbeitgeber der Region. Doch seine Ermittlungen stoßen auf wenig Gegenliebe.
Nalauqmiiyaak - „fast Weißer“ - nennen die Inupiat spöttisch Nathan Active und tatsächlich sind ihm Sprache und Gebräuche der Einheimischen nur sparsam bekannt. Als das uneheliche Kind eines fünfzehnjährigen Inupiatmädchens, wurde er kurz nach der Geburt zur Adoption freigegeben und wuchs in den Vororten der Großstadt Anchorage in einer weißen Familie auf. Erst vor wenigen Monaten versetzte man ihn ausgerechnet in seinen Geburtsort. Und hier enteckt Nathan Active im Laufe dieses bemerkenswerten Romans nicht nur ein lange vertuschtes Verbrechen, sondern auch seine Wurzeln, die Kultur und Lebensumstände der Nordamerikanischen Inupiat.
„Weißer Himmel, schwarzes Eis“ ist ein ein makeloser Krimi. Stan Jones Erfahrung als Journalist zahlt sich aus: Zwar ist der Plot nicht allzu kompliziert, dafür glaubwürdig und frei von Plattitüden. Was das Buch jedoch so besonders macht, ist die detailgetreue und warmherzige Beschreibung der fremden Welt in der es spielt. Stan Jones direkte und lebendige Sprache, ihr klarer und bedächtiger Rythmus, spiegelt die Magie der rauhen Wildnis Alaskas - und sei daher noch einmal ausführlicher zitiert:
„Jesus, was für ein Tag für eine Beerdigung“, sagte Silver. „Es müssen dreißig Grad minus sein. Zwar kein neuer Rekord, aber zumindest sollte das die Grabrede abkürzen.“
„Hoffentlich“, sagte Active. Er startete den Suburban und schaltete die Heizung ein. Die Luft die sie ausstieß war kalt, aber nicht ganz so kalt wie draußen. „Wie heben sie überhaupt ein Grab aus, nach dem großen Frost? Machen sie Feuer um den Boden aufzutauen? Oder wie?“
„Nein“,
sagte Silver. „Sie heben sie vor dem Frost aus“
„Wirklich? Wie viele denn?“
„Gewöhnlich ungefähr ein Dutzend.“
„Woher wissen sie, wie viele sie brauchen werden?“
„Ich weiß nicht, woher sie das wissen. Langjährige Erfahrung wahrscheinlich.
Können wir jetzt fahren?“
Active legte den Gang ein. Der Suburban sprang nach vorne, dann soff er ab. „Muß erst warm werden“ sagte er und startete den Motor neu. „Brauchen sie denn auch immer alle Gräber auf, bevor das Eis wieder taut?“
„Gott
bist du makaber“, sagte Silver. Ja, manchmal brauchen sie sie alle auf.
Können wir jetzt das Thema wechseln?“
„Aber was ist, wenn noch jemand stirbt?“
„Sie packen die Särge in einen Transporter hinter dem Krankenhaus und
beten, dass der Boden auftaut, bevor es die Verstorbenen tun“.
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