Wolfgang Jeschke (Hg.)
Heyne SF Jahresband 2000
SF. Heyne, München. ISBN: 3-453-16188-2
Literarische Juwelen
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Literarische Juwelen
Ein lohnenswerter und umfangreicher Dank des Heyne-Verlags an seine Leser, dieser 2000er-Jahresband zum 40jährigen Jubiläum. Zehn Stories und Novellen preisgekönter Autoren warten auf die (Wieder-) Entdeckung: ein idealer Einstieg in das Genre.
Stories
Walter M. Miller ist als Autor von "Ein Lobgesang auf Leibowitz" (HUGO 1957) bekannt, doch auch diese Novelle hat es in sich. "Bedingt menschlich" sind nämlich die illegal mit sprachlicher Intelligenz ausgestatteten, genmanipulierten Schimpansen, die vielen Besitzern als Partner- und Kindesersatz dienen. Doch der Protagonoist hat den harten Job, diese lieben Tiere zu entsorgen – bis ihm seine Frau die Meinung geigt.
Silverbergs Novelle "Thomas der Verkünder" erinnert im Motiv stark an seinen Roman "Tom O'Bedlam": Die Außerirdischen sind angekommen, doch sind sie des Teufels oder Gottes? Wie auch immer die öffentliche Meinung aussieht, der Job des Verkünders, des Messias, ist nicht ohne Tücken.
Michael Bishop hat seine lange Novelle "Tod und Bestimmung unter den Asadi" später zu dem Roman "Transfigurationen" (ebenfalls bei Heyne) ausgebaut. Doch auch so ist die Story vom Forscher, der langsam die Eigenarten und Abgründe einer Alien-Zivilisation entdeckt, immer noch packend.
Ursula K. LeGuin erzählt in "Unermeßlich wie ein Weltreich, langsamer gewachsen" von den Auswirkungen eines planetenweiten Bewußtseins auf Empathen an Bord eines Forschungsschiffes. Wie so oft beweist sie Sinn für feine ironie.
Die Story "Sandkönige" von George R.R. Martin ist seit ihrer Verfilmung für "Outer Limits" allgemein bekannt. Dennoch ist es immer noch spannend zu lesen, wie sich ein Amateurforscher zum Gott seiner Alien-"Haustierchen" aufschwingt und schließlich dafür mit seinem Leben bezahlt – wahrscheinlich Martins beste Story überhaupt.
Connie Willis schickt in "Brandwache" einen Studenten auf Zeitreise ins bombardierte London des Zweiten Weltkriegs - anrührend. Bruce Sterling führt uns zur Begegnung mit der "Zikadenkönigin", einer Alien-Kreatur von verhängnisvollen Dimensionen.
Wesentlich lustiger ist da schon Kim Stanley Robinson Knaller "Flucht aus Katmandu", in der der Yeti mit Hilfe seiner Bergsteigerfreunde den Zoologenhäschern entkommt und kurz mal Jimmy Carter Hallo sagt.
Gerade surreal und metaphysisch wird's dann in der Künstlernovelle "Van Goghs unvollendetes Porträt des Königs der Schmerzen" von dem nordirischen Erzähler ian McDonald. Hier bietet er eine Erklärung für die grauenerregenden letzten Bilder des Malers: die ominösen Krähen über dem Kornfeld, die delirösen Sternenlichter im Nachthimmel.
Etwas mehr down-to-earth ist die Story "Der Pfad des Jaguars" von Lucius Shepard, einem der Science Fiction-Stars der 80er Jahre. Wegen seiner Schulden will Esteban Caax einen schwarzen Jaguar zur Strecke und dem Gläubiger bringen. Shepard versteht es meisterhaft, die mittelamerikanische Szenerie des Dschungels und die Charaktere zum Leben zu erwecken.
Fazit
Alle zehn Erzählungen sind Juwelen des Genres, hoch im literarischen Niveau und im geistigen Anspruch an den Leser. Dies ist kein Fast Food, sondern ein Sammlerstück zum Immerwiederlesen.
Michael Matzer / michael@matzer.de © 2000ff
Info: Heyne 2000, Nr. 06/6342, München; 715 Seiten, aus dem Englischen übertragen von diversen Übersetzern
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