James Hynes
Ein rauschendes Fest
SF. Goldmann, München. ISBN: 3-442-54052-6
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Witzig, intelligent, gnadenlos: Horror der feinen Art
James Hynes hat an der University of Michigan gelehrt und arbeitet heute als Publizist und Autor in Austin, Texas. Seine zwei in diesem Band gesammelten Erzählungen weisen ihn als scharfen Beobachter und gnadenlos ironischen Kritiker des Universitätslebens und seiner Protagonisten aus. Der Originaltitel "Publish or Perish" ist das Lebensmotto der Gelehrten in den USA (und anderswo) - Hynes macht es zu einer Sache des Über-Lebens.
"Ein rauschendes Fest" ist der Titel der ersten Erzählung. Als der ehrgeizige junge Anthropologe gregory Eyck eine peinliche Schlappe in seinem Institut einstecken muß, kommt ihm das Angebot eines Fernsehsenders gerade recht: Er soll einen Dokumentarfilm über Silbury, eine magisch-mystische Kultstätte in der Nähe von Stonehenge, drehen.
Doch schon bei seiner Ankunft beschleicht gregory das üble Gefühl, daß eine bedrückende Atmosphäre über dem kleinen versteckten Dorf und seinen Bewohnern liegt, die ihn alle mit erhobenem Daumen grüßen. Und was hat es bloß mit diesen mysteriösen Fotos auf sich, die er an der Wand der einzigen Bar im Ort entdeckt?
Als Gregory den letzten Bus - der viel zu früh abfährt - verpaßt, ist er gezwungen, in einer kleinen Bred & Breakfast-Pension zu übernachten. Dort versteht die bäuerliche Hausherrin etwas Ungewühnliches unter dem Begriff "Gast-Freundschaft", und bald sieht sich Gregory als Hauptfigur in einem schaurigen Schauspiel, das einen für ihn leider nicht sonderlich glücklichen Ausgang bereithält....
In der zweiten Erzählung, "Das Urteil der Runen", taucht Gregory Eyck zwar ebenfalls auf - er erleidet eben jene Schlappe am Institut - doch im Mittelpunkt des Geschehens steht die junge Historikerin Virginia Dunning, die sich weigert, einen brillant geschriebenen Aufsatz unter dem Namen ihres Doktorvaters Victor Karswell zu veröffentlichen. Das hat für sie unangenehmste Folgen, denn Karswell ist eine Spezialist für Hexenkunde und magische Runen. Schon bald fühlt sie sich verfolgt, sieht Gespenster, ihre Papiere stieben in einem Wirbelsturm an die Decke - von den Alpträumen ganz zu schweigen.
Als sie Beverly Harrington anruft, erfährt sie von einem Schicksalsgenossen, den Karswell einst in den Tod trieb. Beverly ist Harringtons Witwe und verfolgt Karswell mit ihrem Haß und beschützt potentielle Opfer wie Virginia. Nach längerem Zwist - Virginia will nicht zugeben, daß sie Opfer von Magie ist - tun sich die beiden zusammen, um Karswell seinen Fluch zurückzugeben. Eine ironische Odyssee durch das Panoptikum der Universitäten folgt, doch mit knapper Not gelingt es den beiden, Karswell zu "erwischen"...
Fazit
Hynes macht aus seinen Vorbildern keinen Hehl. Bei "Das Urteil der Runen" standen, so sein Nachwort, mehrere Geschichten des viktorianischen Gruselautors M.R. James Pate. Sehr zum Vorteil der Hynes-Geschichte, muß man feststellen, denn sie besticht durch einen durchdachten, übersichtlichen Plot, eine genaue Beobachtung der Hauptfiguren und -orte sowie einen ironischen Biß, der stark zum Weiterlesen animiert.
"Ein rauschendes Fest" erinnert stark an den alltäglichen Horror auf dem englischen Land, den Roald Dahl so schaurig-schön zu schildern wußte. Wie Eyck nämlich feststellen, haben sich samt und sonders alle Personen, die er in England kennengelernt hat, ja sogar der Regisseur, der ihn einlud, verschworen, um ihn zu vernichten - buchstäblich. Ein Amerikaner in Europa - und kein McDonald's weit und breit-, so die Moral von der Geschicht', das kann nur mit seinem Untergang enden.
Michael Matzer / michael@matzer.de © 2000ff
Info: Publish and perish, 1997; Nr. 54052, 320 Seiten, aus dem US-Englischen übertragen von Birgit Moosmüller
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