Judith Hermann

Nichts als Gespenster

Kurzprosa. S. Fischer Verlag, ISBN: 3-10-033180-X

Judith Hermann:  Nichts als Gespenster
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Es gibt Bücher, über deren Sätze hastet man nahezu achtlos hinweg, um Verlauf und Ausgang eines Geschehens möglichst schnell zu erfahren. Andere dagegen langweilen, ja quälen bisweilen durch Inhalt und Ausdrucksweise so sehr, dass sie allenfalls unter dem Druck beruflichen Zwanges zu Ende gelesen werden. Manchmal aber gibt es auch Geschichten, die vor allem durch die Sprache in ihren Bann ziehen und so faszinieren, dass ganz aufmerksam gelesen wird, um die Wortkompositionen bewusst aufzunehmen. Wortkompositionen, die selbst noch triviale Ereignisse, banale Situationen und triste Empfindungen eher unspektakulär und doch so treffgenau aufzuzeigen und transparent zu machen verstehen, dass sogar das Lesen des Trivialen, Banalen und Tristen aufschlussreich ist. Bisweilen stellt sich dabei der gedachte Kommentar "Ja, genau so ist es" ein. Die Erzählungen von Judith Hermanns Buch "Nichts als Gespenster" gehören zur letzten Kategorie. Hermanns Sprache und Erzählstil sind wohltuendes Ereignis, ganz besonders im Vergleich zeitgenössischer Literatur. Und wenn hier und da auch mal eine Formulierung fragwürdig gerät: Schwamm drüber, es hat wenig Bedeutung angesichts des verbalen Gesamtkunstwerkes.

Wenn dennoch am Ende des Buches keine ungetrübte Freude zurückbleibt, so liegt es also nicht an der Art, wie erzählt wird, wie Menschen und Ereignisse dargestellt werden. Sondern an den Menschen selbst, die die Geschichten bevölkern. Je nach Mentalität hat entweder die kokettierend abgeklärte Melancholie der Ich-Erzählerin auf das Gemüt des Lesers, der Leserin übergegriffen oder aber es wurde im Gegenteil Abwehr geweckt, zunehmend der Ärger geschürt über den allzu matten Handlungswillen und die eigenartige Unberührbarkeit von Hermanns literarischem Personal. Die Erzählungen machen uns zu Zeugen eines merkwürdig leblosen Lebens. Im letzten Jahrhundert sprach man von Fin-de-Siècle-Dekadenz und vom morbiden Charme der Bourgeoisie. Zu Beginn dieses Jahrhunderts kann eher von larmoyanter Übersättigung, globaler Partytristesse oder orientierungsloser Selbstfindungsmanie die Rede sein. Erst mal eine Zigarette rauchen. Vielleicht findet sich ja dann doch noch ein/e neue/r Partner/in oder gar der Sinn des Lebens in irgendeinem Winkel irgendeiner Lifestyle-Wohnung dieser Welt.

Das ist jedoch weniger der Autorin anzulasten, gleichgültig, ob sie selbst diese Einstellung des "Und eigentlich ist es mir alles auch egal" teilt oder nicht. Was sie so gekonnt offenzulegen versteht, beim Lesen außerordentlich intensiv spüren lässt, ist ein bestimmtes Lebensgefühl. Das Lebensgefühl zwar nicht einer ganzen Generation, aber doch eines großen Teils der heute etwa Dreißigjährigen. Materiell abgesichert, überdrüssig-gelassen, melancholisch-indifferent, lustvoll-standortlos, weltläufig informiert und bei all dem eigenartig unberührt und ziellos. Judith Hermanns Verdienst ist es, in die Seelenwelten dieser "alten Kinder" (wie die Mutter anlässlich des dreißigsten Geburtstages der Ich-Erzählerin es in der hervorragenden Erzählung "Aqua Alta" nennt) eintauchen zu lassen, sie transparent zu machen. Und das ist nicht wenig.

Christa Tamara Kaul
eMail: ctkaul@t-online.de
Internet: www.christa-tamara-kaul.de






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