Ronald M. Hahn (Hg.)

Werwolf im Schafspelz (MFSF #99)

SF. Heyne, München. 269 Seiten. ISBN: 3-453-14985-8

Zwei Juwelen, ein Ausfall
Ronald M.  Hahn (Hg.): Werwolf im Schafspelz (MFSF #99)

Dieses Buch Freunden weiterempfehlen.

Dieses Buch kaufen bei Amazon.de

Buy Ronald M. Hahn (Hg.): Werwolf im Schafspelz (MFSF #99) at Amazon.com (USA)

Weitere Buchbesprechungen bei Amazon.de.

Zwei Juwelen, ein Ausfall

Zwei Stories lohnen diesen Band: die von Stephen Dedman um Lewis Carroll, den Schöpfer von "Alice im Wunderland"; und die Titel-Story von Michael Coney.

Stories

Die amerikanische Autorin M. Shayne Bell eröffnet den Band mit "Neue, helle Himmel", einer warnenden Geschichte über die Zeit, wenn Ozonloch und Treibhauseffekt voll zugeschlagen haben. Doch eine junge Genetikerin aus Sibirien könnte die überlebenden Tierarten so modifizieren, daß sie mit den veränderten Umweltverhältnissen zurechtkämen. Ihre Skrupel gelten der Vermarktung der Gentechnikmethoden durch multinationale Konzerne. - Hier gibt’s viele Überraschungen, fest eingewoben in eine kleine Handlung.

Ebenso erschütternd ist die Story "Die Flöten des Pan" des Engländers Brian Stableford. Das Bevölkerungswachstum ist durch die Abschaffung des frühzeitigen Todes derartig ökonomisch bedrohlich geworden, daß z.B. die britische Regierung einen genetischen Wachstumsstopp für Kinder zum 13. Lebensjahr verhängt hat. Wendy ist schon 30 Jahre lang 13, lebt bei glücklichen Eltern. Doch die Flöten des Pan aus ihren Träumen verkünden das nahende Unheil: Eine genetisch bedingte Krankheit läßt ihren Körper weiter reifen. Das Gesundheitsministerium schreitet ein...

Michael Coneys Titelstory ist eine wunderbar witzige Farce um die humanoiden Aliens, die sich in Gestalt von Footballspielern unter den Menschen breit machen. Doch eine Heldin stellt sich der Gefahr der Unterwanderung entgegen: die fast 80-jährige Mrs. Masterson, Tochter eines heldenhaften Admirals, der bei der Abwehr der Choth gefallen war. Natürlich glaubt niemand der Oma und Vereinsvorsitzenden, als sie von der dräuenden Gefahr spricht. Aber die Leute sollen ihr nochmal dankbar sein.

Ebenso erinnernswert ist Stephen Dedmans erschütternde und literarisch gebildete Erzählung "Nie mehr gesehen, im Traum nur mein". Der Titel entstammt einem Gedicht des von der Hauptfigur verehrten Lewis Carroll. Carroll liebte junge Mädchen vor der Pubertät und fotografierte sie, so auch das Vorbild für Alice. Doch wie sich in unserer Zeit herausstellt, hat Alice die 100 Jahre seitdem überlebt, als blutsaugende Muse und Fee, eine Vampirin. Und sie wird für den Ich-Erzähler, ebenfalls einen Fotografen junger Mädchen, zum Verhängnis. Doch die Geschichte geht gut aus. – Die Thematik der Pädophilie hat in England eine soziopolitische Brisanz ohnegleichen erhalten, als die Regenbogenpresse Fotos und Adressen von Kinderschändern veröffentlichte. Dedman rehabilitiert hier den als Pädophilen verleumdeten Lewis Carroll.

Robert Reed hat mit "Graffiti" die perfide Erklärung des plötzlichen Reichtums kleiner Städte geliefert. Sie sind alle mit dem Bösen im Bunde. Im Falle des amerikanischen Städtchens Riverview zeigt sich dies anhand von Wandmalereien in einem alten Abwasserkanal. Die Graffiti zeigt kriminelle Handlungen. Ursprünglich zeigten die Szenen die Täter und Opfer nach der Tat, doch wie zwei Oberschüler herausfinden, geht es auch umgekehrt: Zuerst werden Opfer und Täter gemalt, dann findet die entsprechende Tat statt. Dies nutzt der Bürgermeister u.a. zur Erpressung von Konzernchefs. Doch der Fluch der bösen Tat verlangt Sühne...

Obwohl phantasie- und stimmungsvoll geschrieben, ist Jack Cadys Novelle "Kilroy war hier" ein einziges Ärgernis. In einem Veteranenhospital hocken die 80jährigen Kriegsopfer beisammen und phantasieren, daß die Dunkelheit des Bösen einen nach dem anderen von ihnen holt. Nur die Versöhnung mit den Gespenstern der Opfer, die die Ex-Soldaten auf dem Gewissen haben, kann die Dunkelheit zurückdrängen. Betrachtungen über das Wesen der Geschichtsschreibung und der Rolle von Krankenschwestern werden eingestreut. Ein letztes Gefecht, dann Klappe.- Erwartet der Autor im Ernst, daß der Leser diesem drögen Stoff aufmerksam folgt? Ich habe die Story mit Müh und Not ertragen. Sie war die Mühe nicht wert.

Fazit

Zwei hervorragende geschichten, ergänzt durch drei durchschnittliche Stories und einen glatten reinfall – das ist die Bilanz, die sich für diese Ausgabe des Magazine of Fantasy and Science Fiction ziehen läßt. Der Interessant fragt sich nun sicher, ob 80 Seiten Novelle als Totalausfall hinnehmbar sind – immerhin fast ein Drittel des Bandes. Sie sind es, denn die zwei guten Geschichten wiegen den Ausfall mehr als wieder auf. Doch der Herausgeber hätte die 80 Seiten mit zwei weiteren guten Stories füllen können, aber das wäre vielleicht eine Kostenfrage gewesen.

Michael Matzer / michael@matzer.de © 2000ff

Info: Magazine of Fantasy and Science Fiction, 1997; Heyne 1999, Nr. 06/6314, München; 269 Seiten, aus dem US-Englischen übertragen von Cecilia Palinkas, Horst Pukallus, Manfred Weinland






Bücher neu und gebraucht
bei amazon.de

Suchbegriff:


eBay


Bücher gebraucht oder neu bei booklooker.de
Autor:
Titel:
neu
gebraucht

Ihr Kauf bei unseren Shop-Partnern sichert das Bestehen dieses Angebotes.

Danke.


Weitere Titel von und Rezensionen zu Ronald M. Hahn
Weitere Rezensionen in der Kategorie: SF  



Partner-Shop: Amazon.de

Werwolf im Schafspelz (MFSF #99) Amazon.de-Shop
Ronald M. Hahn (Hg.): Werwolf im Schafspelz (MFSF #99)

Partner-Shop: Amazon.com (USA)

Buy Ronald M. Hahn (Hg.): Werwolf im Schafspelz (MFSF #99) at Amazon.com (USA)

carpe librum ist ein Projekt von carpe.com  und © by Sabine und Oliver Gassner, 1998ff.

Das © der Texte liegt bei den Rezensenten.   -   Wir vermitteln Texte in ihrem Auftrag.   -   librum @ carpe.com

Impressum  --  Internet-Programmierung: Martin Hönninger, Karlsruhe  --  19.06.2012