Norbert Gstrein
Einer
Kurzprosa. Suhrkamp Verlag, ISBN: 3-518-11483-2
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ISBN 3-518-11483-2
Zwischen fünf nach elf und acht nach eins lassen fünf Personen in der Küche des elterlichen Dorfgasthofes das Leben Jakobs Revue passieren. Nach einem abgebrochenem Studium in der Stadt wurde Jakob im heimatlichen Dorf zunächst Skilehrer und damit Marionette der Touristen. Seine Passivität und Wehrlosigkeit - in der Stadt war er hörig und dem Terror seiner Mitstudenten ausgeliefert - wuchs sich zur hemmungslosen Verstörung aus. Er wurde immer verwirrter, verlor schließlich ganz den Kontakt mit der Wirklichkeit und vegetierte betrunken und hoffnungslos vor sich, um am Ende als verrückt zu gelten.
"Die Tage verstrichen und nichts änderte sich, niemand änderte etwas...Ein Leben glich dem anderen, und irgendwie schien es im nachhinein einerlei, ob es einem gut ging zu einer Zeit oder schlecht." Diese Sätze aus dem 5.Kapitel der Erzählung "Einer" sind treffende Beschreibung der Dorfmonotonie in einem österreichischen Touristenort. Die Verstörungen eines von der Bevölkerung ausgegrenzten Sonderlings werden verknüpft mit den materiellen Errungenschaften des Tourismus. Die heile Welt des dörflichen Lebens, erkenntbar am vertrauten Wir-Gefühl wird mit einer geschickten Verschachtelungstechnik als Geflecht von Zusammenhängen abgebildet, in dem die Dorfbewohner unentrinnbar gefangen sind. Unter dem Segen des Tourismus wird aus den heimatlichen Bezügen der Menschen ein falsches Leben, in dem Lähmung und Perspektivlosigkeit reagieren, in dem nur der Stumpfsinn der schnellen Mark zählt.
Gstrein beschreibt in seinem Erstling die dörfliche Enge, die Atmosphäre von Ernüchterung mit einer virtuosen Sprachsicherheit. Jedes Wort trifft und manchmal hat man das Gefühl, in diesem kurzen klaren Stück Prosa hätte sich die heile Bergwelt der österreichischen Provinz in eine Hölle verwandelt, daß einem Hören und Sehen vergeht.
Christoph Steven
