Angela Carter
Nights at the Circus
SF. Faber, London. ISBN: 0-330-28836-9
Dieses Buch Freunden weiterempfehlen.
Dieses Buch kaufen bei Amazon.de
Buy Angela Carter: Nights at the Circus at Amazon.com (USA)
Weitere Buchbesprechungen bei Amazon.de.
Die Gargantua-Frau des 20. Jahrhunderts
Dies ist die Geschichte einer Frau von übermenschlichen Dimensionen à la Gargantua: Fevvers, eine "Cockney Venus". Sie ist etwa 2 Meter groß, hat zwei Flügel, bewegt sich auf der Erde wie auch in der Luft graziös und tritt – wo sonst? – im Zirkus auf, im 19. Jahrhundert. Sie ist quasi so unverwüstlich und wüst wie Molly Bloom (= Penelope) in Joyces "Ulysses".
Handlung
Die Geschichte beginnt in den letzten Tages des Jahres 1899. Fevvers ist gerade von einer triumphalen Tournee durch Europa zurückgekehrt. In ihrer Begleitung befinden sich der maler Toulouse-Lautrec und der britische Thronfolger, Edward. Der amerikanische Journalist Jack Walser will sie in einem Interview als einen großen Humbug entlarven. Sind ihre Flügel etwa aus Guttapercha? Doch sie macht es ihm in ihrem Wohnzimmer bquem und erzählt ihm ihre Lebensgeschichte. Assistiert wird sie von der geheimnisvollen Zofe Lizzie, die alle Arten von Dokumenten aus ihrer geräumigen Handtasche hervorzaubert. Walser, der den Mahlstrom erkunden wollte, wird von diesem hinabgesogen und verschlungen: Fevvers' Geschichte verzaubert ihn völlig.
Fevvers hat von ihrem Kindermädchen Fevvers eine feministische Erziehung erhalten, obwohl sie in einem der schlimmsten Hurenviertel London aufwuchs: Whitechapel. Als sie mit 14 erstmals ihre Flügel spreizte, wurde sie an ein Panoptikum weiblicher Monster verschachert, nur um später einem "Gentleman" mittleren Alters in die Hände zu fallen, dem sie nur knapp mit ihrem Leben entkam. Der Zirkus brachte ihr Freiheit. Fevvers steht vor dem Beginn einer Tournee durch Rußland und Japan.
In den folgenden zwei Dritteln des Buches folgt der ihr völlig verfallene Jack Walser Fevvers durch Dick und Dünn, das heißt erst nach St. Petersburg und dann durch die sibirische Taiga. Sie erleben mit ihrer Zirkustruppe etliche Abenteuer.
Fazit
Carter deutet nachdrücklich an, daß Fevvers eine neuer Typ Frau für ein neues Zeitalter sei: die alle umarmende, alle erobernde, hoch schwebende Symbolfigur einer befreiten Weiblichkeit.
Angela Carter hat sich mit dieser bezaubernden Mär vom Nie-Gewesenen selbst übertroffen. Sie zeigt großen Sinn für Humor, enorme Vorstellungskraft, Schwung, Wagemut und Großzügigkeit: Auch die Männer kommen bei ihr gut weg.
Michael Matzer / michael@matzer.de © 2000ff
Info: 1984/85; London; Faber; 295 Seiten
| Bücher neu und gebraucht bei amazon.de |
|
|
|
| Bücher gebraucht oder neu bei booklooker.de |
