Jan Peter Bremer

Der Fürst spricht

Roman. Gatza bei Eichborn, Frankfurt am Main. ISBN: 3-821-80640-0

Jan Peter  Bremer: Der Fürst spricht

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An diesem Hof tut keiner, was zu erwarten wäre: der Fürst herrscht nicht, sondern herrscht die Menschen an, der Verwalter kommt nicht dazu, etwas zu verwalten, der Kutscher hat niemanden zu kutschieren, und der Hofmeister erhängt sich schließlich. Dennoch schafft Jan Peter Bremer in seinem schmalen Achtzig-Seiten-Roman, für dessen erstes Drittel er im Sommer den Ingeborg-Bachmann-Preis gewann, eine Schloßsituation, die nicht nur in der Anspielung des Schauplatzes an Kafka erinnert. Als "Komödie des auf den Kopf gestellten Kafka" wurde die Arbeit denn auch von der Klagenfurter Jury gerühmt.
Ein anderer großer Kollege konnte natürlich auch nicht unerwähnt bleiben: Büchner, dessen Prinz Leonce im feudalen Leerlauf von Ferne grüßt. Wirklich spielt der einunddreißigjährige Berliner mit den Versatzstücken, die aus zweihundert Jahren literarischer Feudalismuskritik bekannt sind, in dieser Welt intertextueller Bezüge so angstlos, daß es schon wieder eine Art hat. Wie bei Büchner - und wie bei Lessing, auch das muß gesagt sein - sind der Herrscher und seine Schranzen Gefangene im selbstgemachten Zwangssystem. Bei Bremer allerdings agieren sie nicht auf der Bühne, sondern werden in erzählender Prosa ausgestellt, die immerhin zum größeren Teil aus Dialog, Handlungs- und Szenenbeschreibungen besteht, von wenigen Einsprengseln der Innenschau abgesehen.
Der Fürst in seiner abgrundtiefen selbstverschuldeten Einsamkeit ist zu keiner konsistenten Haltung mehr fähig. Im Verlauf des Geschehens zwischen Morgen und Abend, Erwartung des neuen Verwalters und Selbstmord des alten Hofmeisters nimmt sein Verfolgungswahn groteske Züge an; in diesem Wahngebäude haben alle Beteiligten ihre Domizile zu beziehen, seien dies prächtige Büros oder finstere Kämmerchen. Doch immer fällt der sehnsüchtige Blick in die Außenwelt, wo die Menschen glücklich unter der Sonne zu leben scheinen.
Das alles, die gleisnerischen Gesten, die lügenhaften Worte, könnte als reines Spiel mit höfischen Puppen erscheinen, zumal der Erzähler dem kruden Geschehen reichlich lakonische Komik abzugewinnen weiß. Aber Bremer meint den Gegensatz von drinnen und draußen, von falschem Leben und richtigem wohl doch ernst. Im Schlußbild torkelt der Kutscher auf sein Gespann zu und drückt "einem Schimmel seinen Mund auf die Nüstern". Er verfällt danach aber nicht, wie Nietzsche in Turin, der geistigen Umnachtung, sondern eher einer Art Erhellung. Ein Mädchen nimmt ihn an ihre Seite, und er beginnt zu singen.

Julia Schröder






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