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An diesem Hof tut keiner, was zu erwarten wäre: der Fürst
herrscht nicht, sondern herrscht die Menschen an, der Verwalter kommt nicht
dazu, etwas zu verwalten, der Kutscher hat niemanden zu kutschieren, und
der Hofmeister erhängt sich schließlich. Dennoch schafft Jan
Peter Bremer in seinem schmalen Achtzig-Seiten-Roman, für dessen erstes
Drittel er im Sommer den Ingeborg-Bachmann-Preis gewann, eine Schloßsituation,
die nicht nur in der Anspielung des Schauplatzes an Kafka erinnert. Als
"Komödie des auf den Kopf gestellten Kafka" wurde die Arbeit denn
auch von der Klagenfurter Jury gerühmt.
Ein anderer großer Kollege konnte natürlich auch nicht unerwähnt
bleiben: Büchner, dessen Prinz Leonce im feudalen Leerlauf von Ferne
grüßt. Wirklich spielt der einunddreißigjährige Berliner
mit den Versatzstücken, die aus zweihundert Jahren literarischer Feudalismuskritik
bekannt sind, in dieser Welt intertextueller Bezüge so angstlos, daß
es schon wieder eine Art hat. Wie bei Büchner - und wie bei Lessing,
auch das muß gesagt sein - sind der Herrscher und seine Schranzen
Gefangene im selbstgemachten Zwangssystem. Bei Bremer allerdings agieren
sie nicht auf der Bühne, sondern werden in erzählender Prosa
ausgestellt, die immerhin zum größeren Teil aus Dialog, Handlungs-
und Szenenbeschreibungen besteht, von wenigen Einsprengseln der Innenschau
abgesehen.
Der Fürst in seiner abgrundtiefen selbstverschuldeten Einsamkeit
ist zu keiner konsistenten Haltung mehr fähig. Im Verlauf des Geschehens
zwischen Morgen und Abend, Erwartung des neuen Verwalters und Selbstmord
des alten Hofmeisters nimmt sein Verfolgungswahn groteske Züge an;
in diesem Wahngebäude haben alle Beteiligten ihre Domizile zu beziehen,
seien dies prächtige Büros oder finstere Kämmerchen. Doch
immer fällt der sehnsüchtige Blick in die Außenwelt, wo
die Menschen glücklich unter der Sonne zu leben scheinen.
Das alles, die gleisnerischen Gesten, die lügenhaften Worte, könnte
als reines Spiel mit höfischen Puppen erscheinen, zumal der Erzähler
dem kruden Geschehen reichlich lakonische Komik abzugewinnen weiß.
Aber Bremer meint den Gegensatz von drinnen und draußen, von falschem
Leben und richtigem wohl doch ernst. Im Schlußbild torkelt der Kutscher
auf sein Gespann zu und drückt "einem Schimmel seinen Mund auf
die Nüstern". Er verfällt danach aber nicht, wie Nietzsche
in Turin, der geistigen Umnachtung, sondern eher einer Art Erhellung. Ein
Mädchen nimmt ihn an ihre Seite, und er beginnt zu singen.
Julia Schröder
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