Iain Banks

Inversions

SF. Orbit Books, London. ISBN: 1-857-23626-2

Iain  Banks: Inversions

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Nachdem vor Jahren Meteoriteneinschläge das alte Imperium hinweggefegt hatten, haben Könige und Usurpatoren die Gelegenheit ergriffen und ihre Einflussbereiche ausgedehnt. Neue Machtstrukturen haben sich gebildet, doch noch ist keine so stark, daß sie die bekannte Welt unter neuer Herrschaft vereinen könnte.

Iain M. Banks erzählt in Inversions zwei Geschichten, die zwar formal vieles gemeinsam haben, aber auf den ersten Blick inhaltlich wenig miteinander zu tun haben - sieht man einmal davon ab, daß sie zur selben Zeit auf derselben, einer mittelalterlichen Kulturstufe stehenden Welt spielen.

Da ist einmal die Geschichte der neuen Leibärztin des Königs. Trotz ihrer überragenden medizinischen Fähigkeiten begegnet ihr der Hof, mit Ausnahme des Königs selbst, mit wenig Begeisterung. Zum einen ist sie eine Frau, und damit in den Augen der (männlichen) Adelskaste schon von vornherein nicht für derartige Aufgaben geeignet. Zum anderen befürchten einige der höfischen Ränkeschmiede, daß sie zuviel Einfluß auf den König gewinnen könnte. Ein um so brisanteres Problem, da sie aus einem fernen Land stammt und damit automatisch als ideale Kandidatin für eine Spionin oder Attentäterin erscheint.

Die andere Geschichte handelt vom Leibwächters eines militärisch erfolgreichen Generals mit eigenen Herrschaftsansprüchen. Die in der Vergangenheit eroberten Fürstentümer geben dem General eine Machtbasis, um seine persönlichen Ziele durchzusetzen, Ziele, die bei den übrigen etablierten Machthabern auf wenig Gegenliebe stoßen. Sein Leibwächter hat alle Hände voll zu tun, ihn vor den zahlreichen und unausweichlichen Anschlägen zu bewahren.

Der Autor wechselt mit jedem Kapitel zwischen den beiden Erzählungen. Dabei widersteht er der Versuchung, jedes Kapitel mit einem Cliffhanger enden zu lassen, um den Leser zum Weiterlesen anzuspornen - das hat er auch nicht nötig. Charaktere, Stil und Dialoge, vor allem letztere, sind in Inversions (noch) ausgefeilter als in Banks früheren SF-Romanen. Sie vermögen schon für sich alleine, die Geschichte zu tragen. Das heißt nicht, daß er keinen spannenden Plot bieten würde; beide Geschichten haben überraschende Wendungen und bewegen sich parallel auf ein dramatisches Ende zu.

Man erfährt die Geschichten der Ärztin und des Leibwächters nur aus der Sicht von Personen, die sich in deren unmittelbarer Umgebung befinden. Diese sind keineswegs allwissend und ihre Blickwinkel außerdem durch für Bewohner ihrer Zeit typische Vorurteile gefärbt. Der Leser ist gezwungen, ihre Berichte dementsprechend zu interpretieren. Letztendlich werden alle für die eigentliche Geschichte wirklich wesentlichen Dinge zwischen den Zeilen gesagt. Auch wenn beide Erzählungen für sich getrennt stehen könnten, nur zusammen gesehen erschließt sich für den Leser eine zweite, tiefere Bedeutungsebene, die den eigentlichen Reiz des Buches ausmacht (und nebenbei auch der Bezug zum Titel "Inversions" aufzeigt).

In seiner verschachtelten Erzählstruktur und Hintergründigkeit erinnert Inversions ein wenig an die Werke von Gene Wolfe - kein Genre-Fast-Food, sondern anspruchsvolle Unterhaltung, die den Leser, der dafür bereit ist, auch entsprechend belohnen wird. Daß es Banks gelingt, den Roman dennoch flüssig lesbar zu schreiben und mit sympathischen, vielschichtigen Charakteren auszustatten, zeigt um so mehr das herausragende Talent dieses britischen Autors. Inversions ist ein wunderschönes Buch, und vielleicht Banks bester Roman bisher.

Inversions ist ein SF-Roman, auch wenn es auf den ersten Blick vielleicht nicht so erscheinen mag. Er gehört sogar definitiv zum Culture-Zyklus, obwohl das mit keinem Wort direkt erwähnt wird; wer den einen oder anderen Culture-Roman gelesen hat, wird aber sicherlich sein Vergnügen daran haben, entsprechende Hinweise zu entdecken.

Michael Matzer (c) 1999ff

Info: 345 Seiten, 1998, Orbit






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