Niccolo Ammaniti
Die letzte Nacht auf den Inseln
Bestseller. Goldmann, München. ISBN: 3-442-54049-6
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Der Untergang des Abendlandes (ital. Version)
Silvester in Rim, irgendwann in den neunziger Jahren dieses Jahrhunderts. In einer luxuriösen Wohnanlage, die aus zwei sich gegenüberliegenden Komplexen besteht, bereiten sich die Bewohner auf unterschiedliche Weise auf den Jahreswechsel vor. So manche Familie hat bereits die Raketen gehortet und bereitgelegt. Im 2. Stock entdeckt zum Beispiel die hübsche Giulia auf dem Anrufbeantworter, daß ihr Liebhaber sie mit ihrer besten Freundin betrügt. In seiner Kanzlei im 3. Stock feiert Rechtsanwalt Rinaldi eine kleine private Orgie mit einer Domina. Und im Penthouse darüber hetzt der Gigolo Gaetano der sturzbetrunkenen uralten Gräfin Sinibaldi eine sturzbetrunkenen Fußballmannschaft aus Süditalien auf den Hals - da bleibt kein Auge trocken und kein Fenster heil.
Es dauert nicht allzu lange, bis der noble Wohnkomplex gegen Mitternacht Schauplatz höchst eigenartiger Begebenheiten wird. So brechen drei Diebe in Anwalt Rinaldis Kanzlei ein. Sie überraschen ihn dabei, wie seine Domina unanständige Dinge mit seinem Körper anstellt. Prompt machen sie ein nettes Foto von ihm. In der Wohnung darunter findet sich Giulias Liebhaber vom Pfeil einer Harpune aufgespießt. Die Fußballfans verwüsten die Gemächer der Gräfin; ein aus dem Fenster geworfener Fernseher erschlägt den glücklosen Hippie Thierry aus der Bretagne, der eben noch einen verunglückten Gig in der Disco nebenan gegeben hatte. Drogenabhängige Jugendliche probieren aus, wieviel die Heizanlage des Komplexes aushält, und Familie Trodini fühlt sich von den Fußballfans angegriffen: Raketen und Sturmgewehr kommen zum lang erwarteten Einsatz. Bis eine enorme Explosion rechtzeitig zu Mitternacht den Komplex in die Luft jagt, doch der Lärm geht im Explodieren der Feuerwerke unter.
Traurige Ironie am Rande: Einzige Überlebende der Katastrophe ist Filomena Belpedio, die sich eigentlich das Leben hatte nehmen wollen. Sie entkommt dem Chaos unerkannt.
Fazit
Die komplexe Handlung mit ihren sehr kurzen Kapiteln treibt unaufhaltsam der Katastrophe zu. Die Fülle der Konflikte läßt nach einer Weile keinen anderen Ausgang zu. Doch schließlich sind auch fast alle Beteiligten zum Konflikt, zur psychopathischen Auseinandersetzung bereit. Sie bilden einen repräsentativen Querschnitt durch die italienische Gesellschaft in den großen Städten, wurzellos, entfremdet, in Inseln gestrandet. "Insel" steht für das lateinische Wort "insula", das ein großes Mietshaus bezeichnete.
Ammaniti ist ein zeitgenössischer Autor, der bei der Schilderung der Begebenheiten kein Blatt vor den Mund nimmt. Allerdings mag dem deutschen Leser nicht alles realistisch erscheinen, was der Autor auftischt; manches wirkt wie aus einer Komödie mit Roberto Benigni ("Night on Earth").
Michael Matzer © 1999ff
Info: L'ultimo capodanno dell'umanità, 1996; Nr. 54049; 158 Seiten, aus dem Italienischen übertragen von Henry Arnold
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