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Aldiss (* 1925) ist nach James Graham Ballard und vor Michael Moorcock der wichtigste britische SF-Schriftsteller. Während Ballard nicht so thematisch und stilistisch vielseitig ist, hat er auch nicht Aldiss ironischen Humor. Aldiss wurde bei uns am bekanntesten mit seiner Helliconia-Trilogie, die einen Standard in Sachen Weltenbau in der modernen SF setzte. Das elegische Standardthema von Aldiss ist die Fruchtbarkeit des Lebens und die Sterilität des Todes. Für "Hothouse" bekam Aldiss den HUGO GERNSBACK Award der SF-Leser.
Handlung
In ferner Zukunft haben Erde und Mond aufgehört zu rotieren (auch wenn das andere SF-Autoren für höchst unwahrscheinlich halten) - die Erde dreht sich pro Jahr nur noch einmal um die eigene Achse, während der Mond in bezug zu ihr stillsteht. Die Sonne wird langsam zur Nova und strahlt ihre Hitze auf die ihr ständig zugewandte Erdseite ab, die als Folge davon zum riesigen Treibhaus (engl. hothouse) geworden ist. Die irdische Flora ist mutiert, und ein riesiger exotischer Pflanzenwald bedeckt die Erdoberfläche kilometerhoch - tatsächlich ist es ein einziger Baum, der einen Kontinent umspannt.
Nur wenige Insektenarten wie die Termiten und der angepaßte Mensch, der die Baumwipfel bewohnt, haben überlebt. Sie stehen unablässig im Daseinskampf gegen eine botanische Schreckensgalerie, die die Erde beherrscht. Die Morchel ist das intelligenteste Lebewesen auf der Erde. Riesige Pflanzenspinnen, die Traverser, haben sich sogar an das Leben im Weltraum angepaßt. Ihre Netze spannen sich von der Erde bis zum (stationären) Mond.
In dieser dem Untergang preisgegebenen Welt ist eine Gruppe von Kinder à la "Herr der Fliegen" auf sich selbst gestellt. Auf einem Irrweg, der sie durch den Dschungel (Aldiss war 1945 selbst Dschungelkämpfer!) zum Ozean führt, lauern schreckliche Gefahren, aber es gibt auch Lebewesen, die sich mit ihnen anfreunden und ihnen weiterhelfen. Die Morchel gehört dazu, das einzige Wesen, das den drohenden Untergang der Welt erkannt hat und ihnen eine Fluchtmöglichkeit bietet, die aber nicht von allen genutzt wird...
Fazit
Im Gegensatz zu der Story-Sequenz "Galaxies Like Grains of Sand" (1960), die die Evolution der Menschheit beschreibt, befaßt sich "Hothouse" mit ihrer Devolution. Aldiss schildert ihre Endphase auf eine Weise, die sich über wissenschaftliche Erkenntnisse hinwegsetzt (s.o.) und die Grenze zur Fantasy überschreitet. In beiden Handlungen wird die stetige Veränderung zum Grundprinzip erhoben, und beide Bücher enden an einem Punkt, wo es für die Menschheit keine Hoffnung mehr gibt, das Leben aber dennoch weitergehen wird.
Aldiss schrieb "Hothouse" 1962 möglicherweise unter dem Eindruck des Kalten Kriegs und der Kuba-Krise, als die Welt an den Rand des atomaren Holocaust geriet. Die einzige Hoffnung für ihn: Auh ohne den Menschen wird das Leben überdauern - das war damls sicherlich sehr provokativ.
Michael Matzer © 1998ff
Info: Hothouse/The Long Afternoon of Earth, 1962, Nr. 25046; 190 Seiten, aus dem Englischen von Walter Ernsting
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